Warum eigentlich nicht?
Genau: warum eigentlich nicht? Diese Frage beschäftigte Luna, bevor sie sich für eine Schwangerschaft während des Studiums entschied. Mittlerweile ist ihre Tochter ein Jahr alt und sie selbst studiert im Master Literatur-Kunst-Medien. Sie selbst sagt, dass ihr die Entscheidung, jetzt ein Kind zu bekommen, vergleichsweise einfach fiel. Nach Absprache mit ihrem Partner gelangten beide zur Auffassung, dass sich das Studium als Zeitpunkt für eine Schwangerschaft gut eignen würde: Im Vergleich zum ihr noch bevorstehenden Berufsleben müsse sie nicht ihre Karriere pausieren oder gar aufs Spiel setzten, um sich der Betreuung ihrer Tochter widmen zu können, sagt sie im Interview. Der Kinderwunsch von Luna und ihrem Partner festigte sich sowohl von ihrer finanziellen, aber auch ihrer Wohnsituation: es hat alles gestimmt und es sprach eigentlich nichts dagegen. Das ist aber natürlich nicht für alle, die sich während des Studiums in einer Schwangerschaft wiederfinden, der Fall.
Recht(e) auf Mutterschutz
Seit 2018 sind Studierende im Mutterschutzgesetz (kurz: MuSchuG) mitinbegriffen. Dieses stellt sicher, dass Kind und Elternteil während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit während des Studiums rechtlich geschützt sind. Bei einer Schwangerschaft sollten diese und der voraussichtliche Tag der Entbindung der Universität mitgeteilt werden. Nicht umsonst gibt es bestimmte Schutzfristen: Sie sollen sowohl Schwangere als auch die Universität schützen. So darf die Uni schwangere Personen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht studieren lassen, es sei denn, die Person erklärt sich ausdrücklich zur Ableistung des Studiums bereit. Nach der Entbindung darf die Universität Studierende bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Geburt nicht studieren lassen. Auch hier gilt: Wer sich trotzdem ausdrücklich dafür entscheidet, wird nicht daran gehindert.
Wer sucht, der findet
Okay. Schwanger. Und jetzt? Durchatmen! Es gibt für (fast) alles eine Lösung. „Wer sucht, der findet“ ist das Motto. Urlaubssemester oder direkt die Exmatrikulation? Beides wäre möglich, dabei gibt es aber auch noch andere Möglichkeiten und Hilfestellungen, die man von der Uni in Anspruch nehmen kann. Eine genaue Auskunft bekommt man darüber bei der Beratung und Unterstützung für Student:innen im Mutterschutz der Universität. „Es ist ganz viel da, aber das ist für viele gar nicht präsent“, sagt Luna. Dass diese Möglichkeiten nicht immer oder nicht sofort sichtbar sind, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass nur eine kleine Gruppe Studierender tatsächlich betroffen ist. „Man muss sich einfach mal was trauen und fragen“, erzählt die junge Mutter. Niemand muss an der Uni eine Schwangerschaft allein bewältigen. Dass man sich nicht davon einschüchtern lassen soll, weil es einem alles so unmöglich zu bewältigen vorkommt, geht für Luna aus eigener Erfahrung hervor.
Nachdem sie die entsprechende Anlaufstelle über ihre Schwangerschaft informierte, musste sie eine Gefährdungsbeurteilung machen. Das ist ein Gespräch, in dem die schwangere Person über mögliche Gefahren einer Schwangerschaft während des Studiums aufgeklärt wird. „Für den Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften fällt diese aber ziemlich mager aus“, gibt Luna an. Die Entscheidung, 10 Kilo Bücher aus der Bibliothek nach Hause zu schleppen, wäre ihr dabei selbst überlassen worden, fügt sie hinzu.
Zwischen Babybauch und Bertholt Brecht
Luna erlebte den größten Teil ihrer Schwangerschaft während des Semesters. Gerade die Zeit vor der Entbindung war sehr anstrengend, gibt sie an. Neben dem ohnehin schon anstrengenden Studium kam für Luna auch noch die körperliche Anstrengung einer Schwangerschaft dazu. Ihr hat es in dieser Zeit geholfen, „den Kopf weiter zu beschäftigen“, um nicht in der „Baby-Bubble“ zu versinken. Unter anderem fungierte der zweiwöchige Lektürekreis für sie als Anker, um am akademischen Arbeiten dranzubleiben. Mit dem wachsenden Babybauch wuchs auch die Anzahl der Blicke. Natürlich kann man einen Babybauch irgendwann nicht mehr verstecken. Muss man ja auch gar nicht. Blicke sind da wohl oder übel unvermeidbar. Die Blicke empfand Luna dabei aber nicht als negativ oder gar verurteilend: ganz im Gegenteil. Insgesamt hat Luna die Schwangerschaft rückblickend als schöne Erfahrung in Erinnerung. Sie berichtet von einer allgemein positiven Einstellung gegenüber ihrer Schwangerschaft und einem Umfeld von Professor:innen und Kommiliton:innen, in dem sie sich wohlgefühlt hat.
Baby-Schritte und Mama-Meilen
Nach der Geburt kamen die Semesterferien, die Luna genutzt hat, um sich etwas von der Anstrengung der Schwangerschaft zu erholen. Ohne Urlaubssemester ging es dann direkt weiter mit dem Masterstudium.
„Es freuen sich alle, dass du da bist und es probierst“
Das sagt die junge Mutter über die erste Zeit nach der Entbindung. Auch nachdem das Kind da war, ging es positiv weiter. Ihre Tochter nahm die junge Mutter mit in die Uni: Etwas anderes als „Equal-Parenting“ kam für Luna und ihren Partner von Anfang an nicht infrage. Vormittags durfte die Tochter der Studentin mit an den LKM-Vorlesungen teilnehmen, dann ging es zum gemeinsamen Mittagessen mit Papa in die Mensa und später mit ihm nach Hause, während Luna noch weiter in der Uni blieb. Vom Fachbereich LKM bekam sie ein Büro gestellt, in welchem sie arbeiten konnte: Warum es mit einem Baby in der Bib nicht funktioniert, ist an dieser Stelle wahrscheinlich selbsterklärend. Irgendwann wurde es aber auch einfach zu viel, sagt sie selbst: Vormittags mit dem Kind in die Vorlesung und nachmittags dann noch in die Bib. Unterstützung bekam Luna auch von ihren Kommiliton:innen. Wenn sie es mal nicht in die Vorlesung schaffte, haben ihre Freund:innen für sie mitgeschrieben. Auch das Baby mal auf den Schoß zu nehmen, war ein gern beanspruchtes Hilfsangebot. „Ich genieße mein Studium mehr“, erzählt Luna abschließend. Auch wenn der Alltag manchmal wahnsinnig anspruchsvoll und überfordernd sein kann, beschreibt Luna, dass die gesamte Atmosphäre in der Uni sehr wohlwollend ist. „Das bestärkt einen dann auch nochmal.“
Ein Studium mit Kind zu meistern ist wie eine Prüfung in Lebenskunst – es fordert Kreativität, Ausdauer und jede Menge Kaffee. Doch am Ende winken nicht nur der akademische Grad, sondern auch unbezahlbare Momente des Stolzes und Glücks mit den kleinen Lebensprofessoren an der Seite. Lachen, Lernen, Lieben – im Seminarraum und im Kinderzimmer!