Mehr Bass, weniger Bias: Hinter den Kulissen des Finta* DJ-Workshops

Im November 2024 fand bereits zum dritten Mal der Finta* DJ Workshop des Labors statt – ein kostenloses Angebot für Frauen, Intergender-, Nicht-binäre, Trans- und A-Gender-Personen, die das DJing von Grund auf erlernen möchten. Mit intensiven Theorie- und Praxiseinheiten sowie Unterstützung erfahrener Mentorinnen bietet der Workshop einen sicheren Raum, um die Technowelt neu zu entdecken – und die Konstanzer DJ-Szene diverser zu gestalten.

Klangvolle Vielfalt

Im November ging der Finta* DJ-Workshop des Labors in die dritte Runde: Das Labor ist eine Veranstaltungsreihe, die jeden Dienstag im Contrast stattfindet. Mittlerweile ist daraus eine Art unausgesprochenes DJ-Kollektiv geworden. Unter dem Mantel des Contrasts werden gerade Finta* Personen die Möglichkeit geboten, in einem urteilsfreien Raum aufzulegen. Seit drei Jahren bietet dieser Workshop Finta* Personen die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen das DJ-Handwerk von Grund auf zu erlernen.

Finta* steht für Frauen, Intergeschlechtliche, Nicht-binäre, Trans- und A-Gender-Personen.

Obwohl es in Konstanz und Umgebung weitere DJ-Workshops gibt, hebt sich dieser durch einen entscheidenden Punkt ab: Er ist kostenlos. Dadurch wird eine noch größere Zielgruppe erreicht und einem breiteren Publikum einen Einblick in die Welt des DJings ermöglicht. Das heißt zum Beispiel: Was sind BPM-Zahlen? Wie werden zwei Lieder zusammengefügt und welches Programm und welches Gerät können benutzt werden?

Der Workshop wurde 2022 von Alina, Lou, Lara und Lea K. ins Leben gerufen: Eigentlich sind sie berufstätig und/oder studieren. Dieses Jahr übernahm Alina die Organisation erstmals komplett allein. Alina legt regelmäßig als „A-BEING“ im Labor auf und ist zweite Vorstandsvorsitzende des Contrasts. Seit der Öffnung der Clubs, Bars und Gastronomie nach dem letzten Corona-Lockdown engagiert sie sich außerdem für das Projekt. Die Idee ist entstanden, als den Gründerinnen auffiel, dass in der Vergangenheit nur wenige Finta* Personen im Labor auflegten. Um dem entgegenzuwirken, haben sie einen Workshop geschaffen, der Raum für Experimente und kreative Entfaltung bietet.

Alina übernimmt dieses Jahr die Leitung des Workshops. Bild: Ronja Räuber.

„Das Labor ist irgendwo auch ein Spielplatz“, erzählt Alina. Ein Workshop, bei dem die Teilnehmenden Neues ausprobieren können, lag daher nahe. Die Entscheidung, den Workshop gezielt für Finta* Personen anzubieten, begründete sie mit dem Wunsch, einen sicheren Ort zu schaffen – frei von Vorurteilen und Leistungsdruck. Besonders in einer männlich dominierten Szene sei ein solcher Raum essentiell.

Planung und Praxis: Der Weg zum Workshop

Die Organisation des Workshops hat für Alina bereits drei Monate im Voraus begonnen. Sie entwickelte ein Konzept, fasste Lerninhalte zusammen und suchte erfahrene DJ-Mentorinnen. Anschließend mussten Termine abgestimmt, Werbung gemacht und Anfragen bearbeitet werden.

Das Interesse war in diesem Jahr besonders groß: Mehr als die Hälfte der Anmeldungen musste Alina absagen. Die Vergabe der 16 Plätze hat sich nach den verfügbaren Mentorinnen und deren Kapazitäten gerichtet. Alle Teilnehmer:innen konnten sich der Mentorin zuordnen, deren Stil ihnen am meisten zusagte.

Neben praktischen Übungen enthielten die ersten beiden Sitzungen Theorieeinheiten. Die Mentorinnen haben die Grundlagen des DJings erklärt: die Funktionen der Controller, also der Geräte die auf dem DJ-Pult liegen, das Angleichen von BPM-Werten (Beats per minute) und das Einfügen neuer Songs. Doch reine Theorie reicht nicht aus.  „Probieren geht über Studieren“ lautete das Motto – denn nur durch Ausprobieren konnten die Teilnehmer:innen das Gelernte festigen. Die Mentorinnen haben dabei mit Rat und Tat zur Seite gestanden und  eine unterstützende Atmosphäre geschaffen.

Die Mentorinnen – Vorbilder auf Augenhöhe

Evioli, L E A, Leopardy und malfunction – wer gelegentlich Mal die Hüften oder andere Körperteile zu Techno schwingt, dürfte diese Namen schon gehört haben. Hinter den Künstlernamen stehen Viola, Lea M., Leo und Malin. Sie sind erfahrene DJs und haben jeweils ihre eigene musikalische Handschrift.

Die Mentorinnen stehen mit Rat und Tat zur Seite. Bild: Ronja Räuber.

Für Leo war es bereits der zweite Einsatz als Mentorin im Workshop, während die anderen zum ersten Mal dabei gewesen sind. Ihre Wege ins DJ-Dasein sind unterschiedlich: Malin entdeckte ihr Interesse an einem DJ-Pult auf einer Hausparty und nahm später selbst am Finta*-Workshop teil. Familiär bedingt spielte Musik in ihrem Leben immer schon eine große Rolle. Ihren ersten Controller hat sie nicht wie viele gebraucht auf Ebay gekauft: Sie hat ihn auf der Straße gefunden: „Das war schon irgendwie ein Zeichen“, lacht sie über ihren kuriosen Fund. Lea wiederum ließ sich vom Labor inspirieren:

„Ich habe gedacht: Oh mein Gott, die sind so cool, und das macht sicher total Spaß – das will ich auch machen!“

Alle Mentorinnen verbindet, dass sie trotz Rückschlägen nicht aufgegeben haben. Gerade für Finta* Personen sei es wichtig, sich nicht von Zweifeln abhalten zu lassen. „Einfach dranbleiben“, motiviert Malin. Der Workshop soll dabei helfen, Selbstzweifel zu überwinden und sich in der Szene zu behaupten.

Empowerment durch Musik

Die Beweggründe der Teilnehmer:innen sind vielfältig. Für Rawan ist der Workshop eine Gelegenheit, etwas auszuprobieren, da es sie schon lange gereizt hat. Eine andere Teilnehmerin, Maja, hingegen will neue Kontakte in einer fremden Stadt knüpfen.

Die Fülle an Informationen hat die Anfänger:innen jedoch vor Herausforderungen gestellt. „Es war manchmal etwas überwältigend“, berichtet Lilli, eine der Teilnehmerinnen. Doch mit jeder Übung ist das Selbstvertrauen gewachsen – und auch die Vorfreude auf die Abschlussparty, bei der die Teilnehmer:innen ihr Können erstmals vor Publikum zeigen können. Nach vier intensiven Wochen fiebern die angehenden DJs dem 10. Dezember dieses Jahres entgegen. An diesem Techno-Tuesday im Labor findet die große Abschlussparty statt. Dort können alle, die möchten, ihre Fähigkeiten live präsentieren. Es bleibt spannend, welche Genres gespielt werden – und welche der Teilnehmer:innen langfristig Teil der Konstanzer DJ-Szene werden.

Der Erfolg des Workshops zeigt: Musik kann empowern – und durch ein Projekt wie dieses entsteht eine Bühne, die wirklich für alle offen ist.

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