Verhütung – Frauensache?

Bei den meisten Frauen gehört hormonelle Verhütung zum Alltag. Die Anti-Babypille, Hormonring oder die Hormonspirale. Vorerst eine gute Sache und in Anbetracht der Geschichte um Verhütung – die lange nicht erforscht oder erlaubt war – ein Sprung in Richtung Emanzipation.

Trotzdem – warum geht das augenscheinlich nur Frauen etwas an?

Ich denke, das Problem fängt damit an, dass es einfach normal, Gewohnheit und gesellschaftlich anerkannt ist, dass Frauen sich um um Verhütung Gedanken machen -abgesehen vom Kondom, welches sie aber auch oft dabei haben, oder auf die Verwendung bestehen müssen.

Ein weiteres Problem ist meines Erachtens, dass hormonelle Verhütung für Frauen, vor allem die Anti-Babypille, viel zu normalisiert ist. Ich kenne kaum eine Frau aus meinem Bekanntenkreis, der von Ärztin:innen, ohne Aufklärung zu Alternativen, die Pille empfohlen wurde. Auch wenn von Geschlechtsverkehr gerade keine Rede war, sondern Beschwerden wie starke Periodenschmerzen oder Akne im Gesicht – die Pille ist die Lösung. Nebenwirkungen werden kaum Aufmerksamkeit geschenkt.

Männer können nur mit Kondom verhüten, doch viele Frauen bezahlen dafür einen hohen Preis.

Freundinnen zu beobachten, die die Pille genommen haben oder nehmen, war oft ein ganz großes Drama. Wie oft wurde sie vergessen, ach je. Oder bei den ersten großen Besäufnissen mit unschuldigen 16 Jahren ausgekotzt, gefolgt von Panik. Und die Pickel waren zwar weg, aber dafür fühlte man sich jetzt wie ein aufgesogener Schwamm. Die Schmerzen während der Periode waren weniger schlimm, aber plötztlich meldeten sich Pickel! Seltsame Kopfschmerzen plagten, aber die Schwangerschaft ist abgewehrt!

Auf dem Beipackzettel der Pille sind die Nebenwirkungen auch zu finden. Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen, Gefahr von Thrombose und noch vieles mehr.

Stimmungsschwankungen – klingt ja erstmal nicht so schlimm, oder?

Freundinnen, die die Pille nach Jahren abgesetzt haben, ist erst danach bewusst geworden, wie enorm diese Einfluss auf ihre Persönlichkeit hatte. Kleinigkeiten, die ohne hormonellen Booster weggelächelt worden wären, brachten sie völlig auf die Palme oder zum Weinen. So stark, dass das teils einen großen negativen Effekt auf die Familien-Harmonie, Draht zu Eltern und Geschwistern hatte. Das Ergebnis: Man bekommt zu hören, eine Zicke zu sein, dass die Pubertät mit einem durchgeht oder das Klassische: „Hast du etwa wieder deine Tage?“ Auch Freundinnen, die erst später angefangen haben,, die Pille zu nehmen, wo weder die Pubertät noch jugendliches Zickig-Sein Erklärung für krassere emotionale Reaktionen sein konnten, erzählten, dass der Einfluss der Pille deutlich spürbar war. Sie verspürten Lustlosigkeit, Gereiztheit, die sie von sich so nicht kannten und unglücklich gemacht haben.

Was ist die Lösung?

Es gab schon Ansätze in der Forschung zur „Pille für den Mann“. Weiß irgendjemand, was daraus geworden ist und ob dazu noch geforscht wird? Nach meiner Recherche fand ich heraus: Die Pille für den Mann gilt als gescheitert, weil Teilnehmer den Versuch aufgrund von auftretenden Nebenwirkungen abgebrochen haben.

„In Studien, die eine Testosteron-Substitution mit einer Spritze für den Mann untersucht haben, gaben die Patienten Stimmungsschwanken, Akne, verringerte oder gesteigerte Libido und Gewichtszunahme an. Die Nebenwirkungen waren schließlich so ausgeprägt, dass die Studie beendet wurde“ (Zavamed, 2019). Okay, was? All das sind genau die Nebenwirkungen, die bei so unglaublich vielen Frauen auftreten, dass es fast schon lächerlich ist. Natürlich soll das nicht heißen, dass Männer genauso leiden müssen. Aber die Forschung zu der männlichen Pille wird aufgrund dieser Nebenwirkungen gestoppt und die weibliche Pille mit ebendiesen fröhlich verschrieben und verkauft?

Die Antibabypille ist nach wie vor ein beliebtes Verhütungsmittel – doch nur für Frauen zugelassen.

Es gibt auch nicht-hormonelle Ansätze in der männlichen Verhütungsforschung. Es wurde an einem sogenannten „Vasalgel“ geforscht, das an Affen getestet wurde. Das Vasalgel funktioniert so, dass es direkt in die Samenleiter gespritzt und dort eine Art Pfropfen bildet. Spermien können diese innere Barriere nicht überwinden und beim Orgasmus können keine Spermien austreten. Es entsteht ein wirksamer Filter, der aber nur die Spermien und nicht die Samenflüssigkeit stoppt. Die Methode soll leicht rückgängig gemacht werden können. Hört sich gar nicht so schlecht an! Allerdings mussten unter den 16 getesteten Affen drei einer Vasektomie unterzogen werden, weil etwas beim Versuch schief ging. Auch nicht die beste Quote.

Ich finde, hier herrscht unglaublich großer Klärungs- und Forschungsbedarf – bei der männlichen UND weiblichen Verhütung. Sodass dieses Thema schlussendlich eine Sache ist, die ALLE etwas angeht.

Lilli Blank

Quellen

Dinger, J., Do Minh, T., & Heinemann, K. (2016). Impact of Estrogen Type on Cardiovascular Safety of Combined Oral Contraceptives. Contraception.

J. Rassow, K. Hauser et al.: Duale Reihe Biochemie, 3. Auflage, Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG, 2012

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Posts
Lesen

Grünes Jahr, Grüne Lupe

Bereits Anfang des Jahres erschien ein Artikel bei Campuls über den Podcast, der sich, in Kooperation mit dem Green Office der Universität Konstanz, als „Die Grüne Lupe“ betitelt. Die erste Folge ist am 9. April 2021erschienen, unser erster Artikel einen Monat später, am 31. Januar 2022. Nun ist ein weiteres ereignisreiches Jahr vergangen und wir wollen wissen: Was hat sich getan? Und welche ereignisreichen News bezüglich Nachhaltigkeit haben uns während des Jahres erreicht?