Wir können so Orte oder Zustände erleben, an denen die Welt wieder oder immer noch in Ordnung scheint.
Unser physisch begrenzter Radius wird durch Weltflucht erweitert. Ohne es zu merken, geben wir uns dabei dem Eskapismus hin. Dieser Ismus bezeichnet die Flucht vor der Realität und der Wahrhaftigkeit. Dabei lassen sich Menschen auf eine Scheinwelt ein. Diesen Mechanismus gebrauchen wir, wenn einschneidende Ereignisse oder neue Lebensbedingungen anstehen. Unangenehme Gedanken und Gefühle werden abgewehrt, indem man sich der Zerstreuung und dem Vergnügen zuwendet.
Eine Art von Weltflucht kennen und betreiben wir alle: Medienkonsum. Wir durchstöbern die Weiten des Internets, streamen Videos oder hängen auf Instagram. Doch diese Beispiele sind oft negativ behaftet. Ja, wir lassen uns nicht nur zur Ablenkung berieseln. Gründe für die Nutzung medialer Kanäle können ebenfalls in der Kompensation von Einsamkeit, Alltagsstress oder von Problemen liegen. Auch Drogen in diversen Formen haben genau diesen Effekt. Natürlich kann es auch einfach Spaß machen, sich in ein Buch, Lied, Spiel oder eine Flasche Wein zu vertiefen.
Entscheidend ist nur, dass wir nicht den Bezug zur Realität verlieren.
Ein Beispiel: In letzter Zeit träumen sicher viele von (Fachschafts-)Partys, Glühwein zwischen den Vorlesungen oder sogar der Mensaschlange. Wir malen uns eine bessere Wirklichkeit aus, in der Clubs offen und Restaurants voll sind. Doch trotzdem wissen wir um die Fakten: Wir befinden uns inmitten einer Pandemie. Verschwörungstheoretiker missbrauchen den Eskapismus, um sich dieser Wahrheit zu entziehen. Anders als in den zuvor genannten Beispielen lenken sie sich nicht von der Realität ab, sondern suchen nach einer eigenen Erklärung für diese. Dabei greifen sie auf Mythen, Vorurteile und Verschwörungstheorien zurück. Mit diesen erbauen sie ihre Scheinwelt und stellen so komplexe globale Zusammenhänge simpel und verzerrt dar. Dadurch entziehen sie sich der Wahrhaftigkeit und fliehen vor der Möglichkeit mithilfe der Wissenschaft die reale Welt zu verstehen.
Neben der geistigen Flucht vor dem Alltag, Fakten oder Problemen können wir uns auch räumlich von unserer gewohnten Wirklichkeit entfernen. Im Film „Into the Wild“ von Sean Penn verlässt ein junger Mann die Zivilisation und begibt sich alleine in die Natur. Er findet in seiner natürlichen Umwelt eine neue Wirklichkeit.
Im Endeffekt gehört das Ausbrechen aus der Realität als Überlebensstrategie zu unserem Alltag.
Entscheidend ist jedoch, in welchem Maße wir entfliehen und wie wir diese Flucht interpretieren. Übertreiben wir es mit dem Eskapismus, geht dieser schnell über in Prokrastination, Verdrängung oder entwickelt sich sogar zu einer Sucht. Nehmen wir unsere fiktiven Gedanken als wahrhaftig an, wird unser Blick auf die reale Welt getrübt.
Wir sollten diese Ausflüge vielmehr als eine geistige Reise betrachten. Ein Kurzurlaub, der uns verschnaufen und neue Kraft tanken lässt. Denn: Der Eskapismus kann uns an die schönsten Orte führen!