Lisa und Yannick sitzen in einer grünen Lerninsel neben dem Bib-Café der Universität Konstanz. Hier beraten die beiden Masterstudierenden in offenen Sprechstunden regelmäßig Studierende zu ihren Haus- und Abschlussarbeiten und allem, was das universitäre Schreiben noch erfordert. Ihre Beratung unterscheidet von anderen, dass sie kein Fachwissen bewerten, sondern als große Geschwister fungieren, denen man alle vermeintlich dummen Fragen stellen kann. Durch die Schulung, die Peer-Tutor:innen am Schreibzentrum der Universität Konstanz durchlaufen, und ihre regelmäßigen Teamsitzungen, in denen sie die Beratungen reflektieren, kennen sie einige Kniffe, die zum Schreiben inspirieren und motivieren können.
Campuls: Wie kamt ihr beide dazu, Schreibtutor:innen zu werden?
Lisa: Ich war einfach auf der Suche nach einem Nebenjob und habe die Anzeige vom Schreibzentrum im Newsletter der Studierendenvertretung gesehen. Mittlerweile bin ich seit vier Semestern im Team des Schreibzentrums. Außer der Peer-Beratung bietet das Schreibzentrum noch Seminare und unterstützt Kurse der verschiedenen Fachbereiche.
Yannick: Ich bin diesen Sommer in der Seezeit-Jobbörse auf das Schreibzentrum gestoßen und fand es direkt ganz cool. Ich habe immer gerne Tutorien gegeben und die Ausschreibung vom Schreibzentrum klang sehr ähnlich: Wir helfen Studis, ihr Schreiben zu verbessern, aber auf einer schreibtheoretischen, statt auf einer fachlichen Ebene.
Campuls: Hattet ihr schon früher Spaß am Schreiben oder ist das erst mit der Zeit gekommen?
Yannick: Als Kind habe ich mir sehr gerne Geschichten ausgedacht, aber in der Schulzeit wurden kreative Aufsätze schnell durch Gedichtinterpretationen ersetzt. Das hat mir weniger Spaß gemacht. An der Uni ist es wieder besser geworden, hier habe ich mehr Entscheidungsfreiheit.
Lisa: Bei mir war es ähnlich. Ich habe schon immer gerne kreativ geschrieben, aber an der Uni habe ich etwas gebraucht, um mich ins wissenschaftliche Schreiben hinein zu finden. Aus meiner allerersten Hausarbeit bin ich mit einer 4.0 herausgegangen. Das war ein Riesenchaos: Ich habe mich vorher zu wenig über die Textart und den Stil informiert. Das würde ich so nie wieder machen.
Campuls: Yannick, hattest du auch schon solche Schreibflops?
Yannick: Ja, auch meine erste Hausarbeit. Ich habe voller Motivation drauf los geschrieben – hatte aber kein Backup. Beim Installieren meines Literaturverwaltungsprogramms gab es einen Fehler und auf einmal war die ganze Arbeit der vergangenen sechs Wochen weg. Deshalb rate ich jetzt immer: Organisiert euch von Anfang an gut. Speichert alles in einem Literaturverwaltungsprogramm, macht eine Kopie und benennt eure Dokumente übersichtlich. Ansonsten findet man sie nie wieder!
Campuls: Damit andere Studierende eure Fehler nicht machen, gebt ihr ihnen jetzt Tipps in der Schreibberatung. Was können Studierende erwarten, wenn sie zu euch kommen?
Lisa: Wir sind auch Studis. Ich habe schon Noten von 4.0 bis 1.0 zurückbekommen. Deshalb beraten wir auf Augenhöhe der Studierenden und können die kleinen Probleme des Schreibens gut nachvollziehen. Weil Dozierende die Schreibprojekte auch bewerten, können Sie das nicht immer bieten. Mit dem Blick von außen helfen wir dabei, wieder Klarheit in den Text zu bringen, wenn man selbst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Yannick: Wir haben ein offenes Ohr für euch. Eine Sprechstunde dient manchmal auch als Ventil, um Frust im Schreibprozess heraus zu lassen.
Campuls: Gibt es Mythen, die ihr über das Schreibzentrum kennt und gerne entlarven wollt?
Lisa: Einige Studierende kommen mit einer falschen Erwartungshaltung in die Sprechstunde. Wir können keine Texte umschreiben oder das Lektorat übernehmen. So einen Wissensvorsprung haben wir gar nicht, zumal wir fachübergreifend arbeiten und uns in den meisten Studienrichtungen thematisch nicht auskennen.
Campuls: Was sind die häufigsten Probleme, mit denen Studierende zu euch kommen, und was ratet ihr ihnen?
Lisa: Ein Überthema ist auf jeden Fall Struktur. Um einen roten Faden im eigenen Text zu finden, rate ich häufig, ihn für ein bis zwei Tage zur Seite zu legen und danach mit mehr Abstand darüber zu lesen. Neben der Schreibberatung bringt oft auch das Gespräch mit Kommiliton:innen oder der WG Klarheit.
Die Hemmschwelle, Dozierende anzusprechen, ist höher. Aber auch hier rate ich immer: Traut euch, Fragen zu stellen. Niemand erwartet von euch, dass ihr schon über alles Bescheid wisst. Ihr seid immerhin an der Uni, um zu lernen!
Yannick: Viele Studierende tun sich schwer mit der Zeitplanung, was ich gut nachvollziehen kann. Früher war ich auch Last-Minute-Schreiber, aber mittlerweile versuche ich, mir mehr Zeit zu lassen. Mindestens 20 Prozent der Zeit reserviere ich für entspanntes Einlesen. Auch für das Formatieren muss auf der Zielgeraden noch Zeit sein.
Lisa: Ja, Puffer für Stolpersteine muss eingeplant sein. Ich habe bisher nur eine Hausarbeit erlebt, bei der alles glatt gelaufen ist. Ich setze mir gerne kleine Belohnungen, um meinen Zeitplan einzuhalten, etwa einen Spaziergang nach einer Schreibsitzung.
Campuls: Habt ihr noch weitere Tipps, die ihr auch selbst beim Schreiben anwendet?
Yannick: Ich bin ein absoluter Bib-Schreiber. Ich brauche den sozialen Druck, um produktiv zu sein. Wenn man in der Bibliothek sitzt, kann man nicht auf einmal anfangen, eine Serie zu schauen – das würde sich falsch anfühlen. Kreativpausen an der frischen Luft mache ich gerne, vor allem mit Kaffee oder Tee und Freunden.
Lisa: Ich fange gerne mit etwas Leichtem an, damit ich schnell ein Erfolgserlebnis habe, das mich zum Weiterschreiben motiviert. Außerdem höre ich dabei gerne Hörbücher, deren Stil ich mag. Den finde ich danach häufig in meinen eigenen Texten wieder. Wichtig ist auch, sich daran zu erinnern, dass eure Rohfassung nicht perfekt sein muss: Nur nichts lässt sich nicht verbessern.
Mehr Infos sowie den Link zur Buchung einer Schreibberatung findet ihr unter https://www.uni-konstanz.de/schreibzentrum/angebote/schreibberatung/. Bei Fragen schreibt gerne eine Mail an schreibberatung@uni-konstanz.de.















