Neue Regelung der Lernräume
Im Wintersemester war es möglich, für Online-Veranstaltungen einen eigenen Seminarraum zu buchen. Mit Verweis auf den Modus eines Präsenzsemesters wurde dieses Angebot nicht verlängert. Die Lehrraumvergabe schreibt dazu: „Da das [Sommersemester] auf 100%-Kapazität geplant ist und die Veranstaltungen hauptsächlich in Präsenz stattfinden, können wir leider keine Seminarräume zur Verfügung stellen, da nichts mehr frei ist.“
Dennoch gibt es Studierende, die an Online-Seminaren teilnehmen. Häufig finden diese im unmittelbaren Wechsel mit Präsenzvorlesungen statt. In diesem Fall ist es also aus zeitlichen Gründen meist ausgeschlossen, für die Online-Teilnahme nach Hause zu fahren.
Wohin soll man gehen?
Auf Nachfrage schreibt uns das Referat für Lehre, dass man bei der Planung dieses Problem gesehen, aber keine vernünftige Lösung gefunden habe. Es empfiehlt, man solle in den ersten zwei Vorlesungswochen einen leeren Seminarraum suchen und diesen dann im entsprechenden Slot der Online-Veranstaltung nutzen. Darüber hinaus wären auch die Lerninseln in der Bibliothek für diesen Zweck vorgesehen. Auf der Website der Bibliothek heißt es: „Die Lerninseln im Info-Zentrum können genutzt werden, vorrangig zur Teilnahme an digitalen Lehrveranstaltungen.“[1]
Diese beiden Vorschläge werfen Fragen auf. Denn wenn keine Plätze für Online-Lehre angeboten werden können, weil die Präsenzlehre auf 100%-Kapazität geplant ist, dann erscheint es schwierig, überhaupt einen freien Seminarraum zu finden. Und auch die überfüllte Bibliothek mutet wenig hilfreich an, findet man in den Lerninseln nur selten einen freien Platz.
Und was ist, wenn man statt den Lerninseln einen anderen Platz in der Bibliothek nutzen möchte? Tatsächlich schreibt die Bibliothek auf ihrer Website, dass das grundsätzlich möglich sei. Das allerdings nur, solange das Ruhegebot in der Bibliothek eingehalten wird. Für eine aktive Teilnahme an Online-Angeboten sind solche Sitzplätze also nicht ausreichend.
In Zukunft umso wichtiger
Nicht nur in Konstanz ist das Problem fehlender Arbeitsplätze für die Online-Teilnahme aktuell[2]. Dennoch wird die Thematik in den nächsten Jahren wichtiger werden. Ein Beispiel hierfür ist ERUA.
ERUA steht für „European Reform University Alliance“[3] und ist der Zusammenschluss von fünf europäischen Universitäten, unter anderem der Universität Konstanz. Die Idee bei diesem Zusammenschluss ist es, dass man an mehreren Universitäten gleichzeitig studieren kann. Der Schlüssel bei der Umsetzung heißt hier: Hybride Lehre. Denn nur so kann es gelingen, dass man vormittags eine Vorlesung in Paris und nachmittags ein Seminar in Sofia belegen kann.
In den letzten zwei Jahren wurde deutlich, dass während der Pandemie Online-Lehre unverzichtbar geworden ist. Häufig müssen Dozierende in Quarantäne und greifen dann auf das digitale Werkzeug zurück. Zusammen mit ERUA wird deutlich, wie aktuell die Thematik ist.
Mögliche Lösungsansätze
Wie genau lässt sich das Problem der fehlenden Lernräume lösen? Eine effiziente und niedrigschwellige Lösung würde vorsehen, dass in Zukunft zu jeder Veranstaltung (unabhängig, ob es sich um eine Online- oder Präsenzveranstaltung handelt) ein Raum gebucht werden muss. Wer an einer Online-Veranstaltung teilnehmen möchte, weiß dann sofort, wo das möglich ist.
Längerfristig kann man mit Räumen, die eigens für die Teilnahme an Online-Veranstaltungen geplant sind, Abhilfe schaffen. An der Universität wird in den nächsten Jahren viel gebaut werden. Das kann eine Chance sein, die Architektur von Lernräumen neu zu überdenken. Vorstellbar wären etwa kleinere, abgetrennte Abteile, die für die Online-Lehre vorgesehen sind.
Beiden Vorschlägen könnte man vorwerfen, sie würden auf Kosten der Präsenzlehre gehen. Doch auch vor Corona gab es eine eins-zu-eins Zuordnung zwischen Vorlesungs- und Raumangebot, sodass in jedem Fall das Angebot nicht kleiner ausfallen wird als in der Vor-Corona-Zeit.
Fazit
Dass bisher von hochschulpolitischer Seite das Problem zwar wahrgenommen, aber keine tragbare Lösung gefunden wurde, hat einen bitteren Beigeschmack: Wie so oft in der Corona-Zeit wirkt es, als ob die Interessen der Studierenden nur mit geminderter Priorität behandelt würden. Umso mehr ist es eine Problematik, die zumindest mittel- und langfristig einer Lösung bedarf. Denn nur so wird die Universität Konstanz den Anforderungen unserer Zeit gerecht werden können. Online-Lehre ist weit mehr, als nur ein pandemiebedingter Notfallplan – sie ermöglicht, grenzüberschreitendes, internationales Studieren.
Im Zuge der Recherche für diesen Artikel habe ich mich mit Vertreter:innen der Studierendenvertretung (StuVe) getroffen. Dort sagte man mir, dass man das Problem bisher nicht auf dem Schirm gehabt hätte, sich aber dessen annehmen wolle. Es liegt nun an den hochschulpolitischen Gremien und der Lehrraumvergabe, die hier vorgestellten und weitere Maßnahmen umzusetzen.
[1] https://www.kim.uni-konstanz.de/services/lernen-und-arbeiten/lernorte-und-arbeitshilfen/
[2] Für diesen Artikel habe ich die Situation mit der in Heidelberg, Freiburg, Leipzig und Dresden verglichen (man findet die Angaben auf den entsprechenden Webseiten). Tatsächlich ist die Situation dort sehr ähnlich wie in Konstanz.
[3] https://www.uni-konstanz.de/international-office/partnerschaften-und-netzwerke/european-reform-university-alliance-erua/