„Kunst bereichert, Kunst berührt“, das meint Andreas Kerster auf dem Pressegespräch, welches zum Anlass der dreijährigen Vertragsunterzeichnung des Bodenseeforums und der Kunstmesse ARTe abgehalten wird. Kerster ist Galerist und veranstaltet mehrere Kunstmessen über das Jahr in ganz Deutschland. Die erste ARTe unter seiner Leitung fand 2016 in Stuttgart statt. ARTe stellt zeitgenössische Malerei, Fotografien, Grafiken und Skulpturen von Künstler:innen aus, nun zum zweiten Mal im Bodenseeforum in Konstanz. „Hier eignet es sich sehr gut für die Austragung der ARTe, denn hier ist der perfekte Ort zum Genießen“, so Kerster, „Kunst soll ein Erlebnis, ein Genuss sein.“ Dies sei in dem direkt am Rhein gelegenen Bodenseeforum gut umsetzbar. Die Aussteller:innen sind Galerien und Kunstschaffende, welche häufig auch selbst anwesend sind. Sie kommen aus Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Georgien und Deutschland. Ruth Bader, Leiterin des Bodenseeforums beschreibt den Vertrag so: „Das ist für uns eine Chance, zusammen richtig etwas zu entwickeln.“ Wie so ein Konzept aussehen würde, lässt sie nicht durchblicken. Das neu geschlossene Bündnis lässt sich wohl durch ein Zitat von Bader passend zusammenfassen: „Neben schöner Kunst und lichtdurchfluteten Räumen, macht es hier ja auch einfach Spaß zu beobachten, wie Menschen mit Kunst umgehen“.
Kersters Philosophie und sein vor der Presse wohl am häufigsten formulierter Satz kristallisiert sich schnell heraus:
„Jede Kunst hat das Recht präsentiert zu werden.“
Andreas Kerster
Auf seinen Ausstellungen gelte eine „Demokratie der Kunst“. Auf die Nachfrage, wie er denn passende Künstler:innen auswähle, folgt die ernüchternde Antwort: „Professionalität“. Er lege viel Wert auf ein gutes Auftreten im Netz, eine professionelle Website sei sehr wichtig. Auch solle die Kunst natürlich hochwertig sein, und auch die Unterhaltung solle nicht zu kurz kommen. Er wähle gerne Außergewöhnliches aus. Auch bei der räumlichen Auf- und Verteilung habe er seine Hände im Spiel und lege ein besonderes Augenmerk darauf, dass nebeneinanderstehende Kunst aufeinander abgestimmt sei. Das Bodenseeforum mit seinen langen Sichtlinien, viel Tageslicht und Möglichkeiten für offene Anordnungen mache es möglich, den Besuch als Kunsterlebnis an sich zu erleben.
Die Ausstellung
Das erste was auffällt, wenn man durch die gläserne Eingangstür des Bodenseeforums tritt, ist die ohrenbetäubende Stille, gepaart mit glänzend poliertem Holzboden. Was sich vor einem auftut, erscheint wie ein Labyrinth aus Kunst: Weiße Wandfragmente wurden über den Saal verteilt – an, vor und zwischen ihnen hängt und steht Kunst der Ausstellenden. Wenn man durch die Gänge läuft, gibt es eine breite Auswahl verschiedenster Ausstellungsstücke zu entdecken: Schwarzweiße Fotografien, Zeichnungen, am Computer erstellte Bilder, Gemälde, Statuen aus den verschiedensten Materialien. Kleine Schildchen neben der Kunst klären über die Namen der Künstler:innen, den Preis, sowie die verwendeten Rohstoffe auf. Öl auf Leinwand, Acryl mit Kaffeesatz verziert, Harz auf Leinen, Kupfer mit Glas verschmolzen, der Vorstellung sind hier fast keine Grenzen gesetzt. Es gibt abstrakte Kunst zu entdecken, 3D-Art, die einem wortwörtlich ins Auge springt, regenbogenfarbene Würfel, Portraits, Metallfiguren. Künstler:innen schaffen fantasievolle Welten, bauen Körper und Figuren zusammen aus Farben und Formen, erstellen Maisfelder und Wiesen, auf welche sich der:die Betrachtende am liebsten legen würde. Besonders im Gedächtnis bleibt wohl eine Darstellung von Donald Duck, welcher mit Plattgold verziert wurde, sowie die Darstellung einer Schnecke, die aus einem Baumstamm entsprungen ist. Auffällig ist das Durcheinander in der Kunst, welches im krassen Kontrast zur übermäßig geordneten, „sauberen“ Atmosphäre steht. Ihrer bestimmten Stelle im Saal zugeordnet, versuchen die Ausstellungsstücke, so gut es geht, zu wirken. Manchmal können Formen und Figuren nur erahnt werden, an einer anderen Stelle stehen Körper aus Metall. Nach dieser wilden Mischung aus Erdtönen, Neonfarben und allem dazwischen kommt einem die Welt ein bisschen unwirklich vor, wenn man vom stark klimatisierten Saal wieder hinaus in die heiße Augustsonne tritt.
Die Hintergründe zum Bodenseeforum
Das Bodenseeforum am Seerhein wird im Oktober 2016 eröffnet und bis heute für Veranstaltungen und Kongresse der Stadt Konstanz, sowie der IHK Hochrhein-Bodensee genutzt. Ursprünglich ist das Gebäude allerdings als Forschungs- und Vertriebszentrum der Firma Centrotherm gedacht. Nachdem dieses leer steht, wird es 2014 von der Stadt Konstanz sowie der IHK für insgesamt 16,1 Millionen Euro aufgekauft, umgebaut und eingerichtet. Die hohen Kosten haben ihren Preis: Die Wirtschaftszahlen sind rot, bis heute. Die Planungen aus dem Jahr 2018 prognostizieren zwei Millionen Euro Verlust jedes Jahr, bis ins Jahr 2022. Im Gemeinderat mehren sich die Stimmen zur Schließung des Projektes. Ruth Bader übernimmt Anfang 2019 die Geschäftsführung des Bodenseeforums, in sie wird die Hoffnung der Rettung des Gebäudes gesteckt. Die Pandemie lässt das Forum zum Impfzentrum werden, diese Zweckdienlichkeit bleibt wohl wiederum positiv behaftet und präsent in den Köpfen der Konstanzer Bevölkerung. Bis heute liegt der jährliche Zuschuss für das Gebäude bei zwei bis zweieinhalb Millionen Euro, ein neues Konzept inklusive Anbau von Gastronomie und Büros lehnt der Gemeinderat bis dato ab. Umso bedeutender ist nun also der Abschluss des Dreijahresvertrages zwischen dem Bodenseeforum und der ARTe. Bader signalisiert hiermit den Gremien wie auch der Öffentlichkeit: Auch für die nächsten drei Jahre wird es uns hier noch geben.
Die nächsten Termine für die ARTe im Bodenseeforum sind der 14.07. bis 16.07.2023 und 12.07. bis 14.07.2024.