Gender-Zeichen

Campuls-Küchendebatte: über Sternchen, Striche und Respekt

Unsere Redakteurin Luna Levay setzte sich mit ihren Freund*innen an einen Tisch und sie diskutierten das Thema „Gendern“. Es ging darum, Fragen nachzugehen wie: Wie viel Gendern braucht die Welt? Brauchen wir es überhaupt? Und was spricht dagegen?

Luna: So, wenn alle etwas zu trinken haben, fangen wir an. Was kommt euch in den Sinn, wenn ihr den Begriff „gendern“ hört? Was assoziiert ihr damit?

Moritz: In der Schule habe ich viel damit zu tun und ich kann dazu sagen: Einmal vergessen zu gendern und schon wird behauptet, man sei ein Sexist. Dabei bin ich doch alles andere als das. Ich bemühe mich stets um eine gendergerechte Sprache, aber es ist halt in der Schule manchmal etwas schwierig, wenn man unter Zeitdruck steht und die Schularbeit noch schnell fertig schreiben muss. Da vergisst man halt manchmal, auch die Schülerinnen anzusprechen.

Unsere Sprache prägt unser Denken unterbewusst.

Luna: Das verstehe ich, aber dennoch finde ich es einfach wichtig, zu gendern. Die paar Sekunden muss es einem wert sein. Denn unsere Sprache prägt unser Denken ganz unbewusst und da dürfen die weiblichen Mitglieder einer Gruppe einfach nicht unter den Tisch fallen.

Es sollte egal sein, was für Worte verwendet werden, solange der Respekt da ist.

Moritz: Das tun sie auch nicht! Nur weil man ein „-innen“ nicht an das Wort anhängt, heißt das nicht, dass man eine Frau direkt diskriminiert. Frauen soll immer Respekt entgegengebracht werden und sie sollen auch stets auf dieselbe Weise wie Männer wahrgenommen werden. Ein Anhängsel an ein Wort darf diese Achtung nicht beeinflussen. Es müsste egal sein, was für Worte man verwendet, solange der Respekt da ist. Das ist das Entscheidende.

Jonas: Aber ich bin der Meinung, dass man dabei bei der Sprache ansetzen muss. Denn wenn eine Frau im gesprochenen und geschriebenen Wort nicht beachtet wird, dann bedeutet das auch, dass sie in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle spielt. Es geht darum, die Frauen dadurch gleichzustellen, in dem man sie auch in Texten und der Rede präsent werden lässt- und zwar explizit.

Christian: Aber Respekt beginnt doch viel früher – das ist eine Frage der Erziehung. Beispielsweise gibt es Sprachen, in denen gar nicht gegendert wird und dennoch würde ich nicht behaupten, dass die Menschen dieser Kulturen Frauen keinen Respekt entgegenbringen.

Emilia: Ja genau! Es geht um eine Sichtbarmachung und Nennung der Frauen. Das lässt sich auch schneller ändern als das Mindset der Menschen. Und wenn wir das Gendern konsequent durchziehen und es sich etabliert, dann bürgert sich damit auch der Respekt für die Frauen ein- in jeder Gesellschaftsschicht.

Es braucht Jahrzehnte, um das Denken der Leute in einer Gesellschaft zu verändern. Die Sprache passt sich im Gegensatz dazu schneller an.

Jonas: Ich würde an dieser Stelle gern auf Frau Waltraud Klasnic verweisen. Sie wurde im Jahr 1996 Landeshauptmann von der Steiermark. Ja genau! Landeshauptmann. Denn sie bestand darauf, als Frau Landeshauptmann Klasnic angesprochen zu werden. Laut ihr sei dies nämlich der korrekte Begriff für die Position. Ich finde das einen sehr interessanten Ansatz und denke, dass sie sich damit über Geschlechtergrenzen hinweg gesetzt hat, in dem sie das „Mann“ im Terminus „Landeshauptmann“ nicht als eine Geschlechtszuschreibung sah, sondern einfach als Teil des Titels.

Paul: Das finde ich cool! Aber ich muss sagen, dass mir diese Diskussion echt auf die Nerven geht. Immer geht es um dieses Gendern. Dabei hat der Feminismus doch ganz andere Probleme, die viel dringender gelöst werden sollten, als die endlosen Diskussionen darüber, ob man Sternchen, Unterstriche oder Binnen-Is verwenden soll und wie sie korrekt angewendet werden. Was ist mit der restriktiven Abtreibungspolitik in Amerika und Polen? Wie kann es sein, dass Ärztinnen und Ärzte – schaut, ich gendere! – hinter Gitter kommen, weil sie über Abtreibung informieren. In welchem freien Rechtsstaat ist es bitteschön verboten, sich fachlich fundierte Informationen über einen medizinischen Eingriff zu holen?

Deutschin?

Manuel: Das verstehe ich, Paul, und auf Themen wie dieses sollte auch das Hauptaugenmerk gelegt werden. Doch heute Abend geht es um gendern… Und dazu fällt mir gerade ein, dass ich mir gerade überlege wie die Frauen in Deutschland richtig genannt werden. Österreicherin, Italienerin, Polin… Doch „Deutschin“ klingt doch etwas ungewohnt.

Paul: Ja, ich weiß, aber es regt mich auf. Und das ist meine Meinung zu gendern. Ich gehe mir jetzt ein Bier holen.

Christian: Um noch einmal zurück zum Thema zu kommen: Ich ziehe insofern mit Paul mit, als dass ich die Diskussionen über Sternchen, Striche und Co. satthabe und ich finde, wir verschwenden zu viel Energie darauf.

Es ist einfach wichtig, dass wir unseren Kindern gewisse Werte mitgeben und dazu gehört die Gleichstellung aller Menschen.

Diese wird auf unterschiedliche Art und Weise erreicht. Ein guter Weg dorthin, ist die genderneutrale Sprache. Ich versuche, so oft wie möglich Begriff zu verwenden, die alle Geschlechter ansprechen. Statt „Studentinnen und Studenten“ sage ich „Studierende“. Damit werden nicht nur Männer und Frauen eingeschlossen, sondern auch alle anderen Geschlechter.

Moritz: Für mich geht es wie gesagt um Respekt und solange der vorhanden ist, ist es mir egal, wie man sich ausdrückt. Es geht darum, dass der Respekt konsequent aufrecht erhalten wird.

Gendern sorgt dafür, aufzuzeigen, dass alle gleich sind- im positiven Sinne!

Emilia: Der Sinn des Genderns ist es, Unterschiede zwischen den Menschen abzuschaffen und nicht neue zu errichten. Deswegen finde ich genderneutrale Begriffe am besten. Sie sorgen dafür, aufzuzeigen, dass alle gleich sind- im positiven Sinne! Alle sind gleichberechtigt.

Luna: Da denke ich genau gleich.

Jonas: Schön, und wenn das Thema dann totdiskutiert worden ist, dann vergessen wir wieder alles und gehen zum Anfang zurück. Denn früher war alles besser.

Mit diesem Satz und einem großen Augenzwinkern endete die Debatte. Paul gesellte sich wieder zur Gruppe und man ließ den Abend mit einen oder anderen Bier, sowie weiteren anregenden Gesprächen ausklingen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Posts
Lesen

Hoher Besuch und große Worte, aber wenig Zusagen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski besuchten am 13. Januar die Universität Konstanz für einen Antrittsbesuch. Ausgerechnet an einem Freitag, den 13. präsentierte die Uni ihre Forschung und Exzellenz-Cluster. Was dabei unterging: Auch mit der Studierendenvertretung gab es ein Treffen. Ganze 15 Minuten blieb Zeit, Anliegen der Studierendenschaft an die politischen Entscheidungsträger heranzutragen.
Lesen

Straßenbahnen für Konstanz?

Wer schon einmal versucht hat, im Paradies einen Parkplatz zu finden, weiß: Autofahren in Konstanz macht keinen Spaß. Überhaupt ist es erklärtes Ziel der Lokalpolitik, den Autoverkehr im Stadtgebiet zu reduzieren. Doch was sind die Alternativen? Ein Kommentar von Paul Stephan.
Lesen

Tintenklecks e.V. – kostenlose Nachhilfe für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Seit über zehn Jahren helfen ehrenamtliche Studierende sozial benachteiligten Schüler:innen aus Konstanzer Schulen über die Hochschulgruppe Tintenklecks e.V. Rebecca Engesser erzählt, wie die Mitarbeit bei Tintenklecks abläuft und welchen Mehrwert die Schüler:innen, aber auch die ehrenamtlichen Studierenden durch die Hochschulgruppe haben.
Uli Burchardt
Lesen

Konstanz als ‘Studierendenstadt’: Die Stadt wäre eine andere, wenn es die Hochschule nicht gäbe

Ein Rückblick eines Artikels aus der Sommersemester-Ausgabe 2017. Oberbürgermeister Ulrich „Uli“ Burchardt und der stellvertretende Vorsitzende des Asta, Marco Radojevic, diskutieren im Gespräch mit der CAMPULS, was Konstanz seinen Studierenden bietet. Wo gibt es Handlungsbedarf, wohin strebt die Stadt?