„FoMo“ ist die Kurzform für „fear of missing out“ und kann als die Angst, etwas zu verpassen übersetzt werden. „FoMo“ bezeichnet eine Besorgnis oder Angst, nicht an wichtigen Ereignissen, Interaktionen, Gesprächen oder Erfahrungen teilzunehmen. Die Angst ist oft in Zusammenhang mit sozialen Medien zu finden, da diese einen ständigen Informationsfluss bieten.
Cambridge Dictionary
Manchmal sehe ich TikToks über Menschen, die „chronisch online“ sind und lache dann darüber, ganz unter dem Motto: „Haha! Gut, dass ich nicht so bin.“ Dann erwische ich mich wiederum dabei, wie ich non-stop durch Social-Media-Feeds scrolle und mir stundenlang Kurzvideos auf Instagram, TikTok und Co. anschaue. Manchmal mache ich den ganzen Tag lang nichts, sodass das Warten auf die BeReal-Benachrichtigung zum Epizentrum meiner Existenz wird. Dann ist für zwei Minuten alles andere egal. Ich suche mir einen coolen Ort, eine Interesse weckende Beschäftigung, oder ziehe meine Mitbewohner an den Haaren aus ihren Zimmern und zwinge sie, für einige Sekunden für ein Foto zu posieren. (An dieser Stelle möchte ich kurz vermerken, dass alles in unserer WG in einem freiwilligen Rahmen geschieht). Mein jüngerer Bruder würde an dieser Stelle wahrscheinlich sagen, ich wäre „lost“.
Wenn ich das jetzt so schreibe, frage ich mich: Warum mache ich das eigentlich immer wieder?
Das ist eine gute Frage. Alle Personen, die ich auf BeReal in meinen Kontakten habe, sind meine Freund:innen oder mindestens Menschen, die mich persönlich gut kennen und andersherum. Ich muss niemanden beeindrucken und auch niemandem zeigen, was für ein tolles Leben ich habe. Selbst wenn ich das hätte, würde es auf BeReal überhaupt nicht detailgetreu widergespiegelt werden.
Die App ist für mich Fluch und Segen zugleich: Ich folge tatsächlich nur Menschen, die ich persönlich kenne und nicht zusätzlich irgendwelchen Influencer:innen oder Prominenten. Einerseits ist das cool mal zur Abwechslung nicht alle drei bis vier Posts eine Werbeanzeige oder ein Model, das an einem Strand posiert, zu sehen. Es ist cool, auch mal einen besonders persönlichen Ausschnitt aus den Tagen meiner Freund:innen zu erfahren. Aber andererseits vergleiche ich mich dadurch viel mehr mit meinem engsten Umfeld. Mit den Personen, bei denen es mir zuvor noch nie in den Sinn gekommen ist, mich mit ihnen zu vergleichen.
Ich unterscheide beim Vergleichen zwischen Influencer:innen und meinen Freund:innen. Bei Influencer:innen kann ich mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Content in irgendeiner Form gestellt ist, bei meinen Freund:innen kann ich es nicht. Wie denn auch? Ich will ja niemandem irgendetwas unterstellen. Aber trotzdem kann es dann schon echt weh tun zu sehen, was für coole Sachen mein Umfeld gerade so macht und ich nicht. Sei es das obligatorische Verweilen an der Seestraße oder der Besuch einer Haus-Party. Es kann auch schon reichen zu sehen, dass zwei oder mehr meiner gemeinsamen Freund:innen etwas zusammen unternehmen und ich nicht dabei bin. Das kann sich dann schon anfühlen wie ein Schlag in den Bauch. Aber in diesem Moment bin ich emotional so aufgeladen, dass diese eine kleine Sache schon reicht, um eine Lawine an Selbstkritik und Unzufriedenheit in mir auszulösen.
„Soll doch jeder machen, wie er denkt.“ Hat meine Mutter zu mir gesagt, nachdem sie den ständig wechselnden On-off-Beziehungs-Content einer ehemaligen Schulfreundin von mir auf Instagram gesehen hat. Damit hat sie ja auch Recht. Jede:r ist für das, was in den sozialen Medien hochgeladen wird, vor allem was die Eigen-Inszenierung betrifft, selbst verantwortlich.
Aber ob nun Instagram, BeReal oder eine andere Plattform: Vielleicht ist es auch mal eine Überlegung wert, das, was jemand gerade gepostet hat, nicht für bare Münze zu nehmen. In diesem Sinne: Sorry Leute, ich habe nicht gerade ein ultra-wissenschaftliches Buch gelesen, wie es dir angezeigt wurde, sondern habe seit Stunden im Bett gelegen und brain-rotting über TikTok betrieben.
Ich glaube nicht, dass ich die einzige bin, der es so geht. Ich glaube auch nicht, dass sich selbst positiv inszenieren zu wollen, etwas ist, wofür man sich schämen muss. Manchmal hat man eben schlechte Tage, an denen kleine Sachen schon zu viel sein können. Das hängt sicherlich mit dem eigenen Selbstwertgefühl oder der psychischen Stabilität zusammen, aber ich bin (leider) keine Psychologin. Trotzdem bin ich dann meistens jeden Tag wieder am Start, wenn ich den gewohnten Benachrichtigungston höre. Dann geht eigentlich alles wieder von vorne los.
Und ihr so?