Ich bin Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung (kurz JONA), einem speziellen Förderprogramm für Jungjournalisten, das zur Konrad-Adenauer-Stiftung gehört. Ich wollte dieses Stipendium unbedingt und habe über ein Jahr lang darauf hingearbeitet, um es zu bekommen. Seit ich Teil der Förderung bin, überkommen mich aber immer wieder Zweifel: wie sehr stört mich das Auswahlverfahren, das eindeutig die bevorzugt, die unter Druck am besten überzeugen können, die mangelnde Diversität unter meinen Konstipendiat_innen und die Frage, ob ich bei der Stiftung politisch richtig bin. Ich traue mich meistens nicht so richtig, darüber zu sprechen.
„wir gegen die“
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen – genau hier liegt das Problem. An der Förderung gibt es immer wieder Kritik. Zu leistungsorientiert und nur dazu da, eine schon bestehende Elite zu reproduzieren, lauten die gängigsten Vorwürfe. Und immer habe ich das Gefühl, dass meine Stimme als Stipendiatin in dieser Diskussion nicht angebracht ist, weil ich durch die Annahme meines Stipendiums ja automatisch zu allem ja und Amen gesagt habe.
Wenn immer nur über Stiftungen und Stipendiat_innen gesprochen wird, entsteht schnell ein Gefühl von „wir gegen die“. Geförderte gegen Nichtgeförderte – wenn ich schon keine Kritik äußern darf, kann ich das Glashaus, in dem ich sitze, immerhin noch verteidigen. Die Förderwerke könnten an dieser Stelle viel bewegen, in dem sie eine Kultur schaffen, die Kritik nach innen und außen stärker fördert. Das Image der exklusiven Elitenförderung wird man nicht los, indem man immer nur unter sich bleibt.
Wenn das Glashaus für alle ein bisschen durchsichtiger wird, profitieren auch die Stiftungen
Die Stiftungen müssen das aber auch wollen. Ich habe durch mein Stipendium unzählige inspirierende und engagierte Menschen getroffen, mit denen ich nur zu gerne Glasscheiben einschmeißen würde. Mir sind aber auch zu viele Stipendiat_innen über den Weg gelaufen, die Machiavelli offensichtlich zu ihrer persönlichen Bibel erhoben haben, sich durch einen beängstigenden Mangel an Empathie auszeichnen und nur so strotzen vor einem scheinbar gottgegebenen Führungsanspruch. Hier wäre es an den Stiftungen, noch genauer hinzuschauen und kritischer zu hinterfragen, wer genau eigentlich gefördert werden soll – und ob das immer die Menschen sind, die in Assessmentcentern am besten funktionieren.
Ich kann nur für meine Stiftung sprechen, wenn ich sage, dass es unter den Stipendiat_innen durchaus Ideen gibt, dieFörderung zu verändern, zu modernisieren und mehr nach außen hin zu öffnen – damit innerhalb des Förderwerkes auf offene Ohren zu stoßen ist aber mühsam und langwierig.
Mehr Luft also bitte – und mehr Mut zu eingeschmissenen Scheiben. Nicht nur bei den Stipendiat_innen, sondern auch bei den Förderwerken. Wenn das Glashaus für alle ein bisschen durchsichtiger wird, profitieren auch die Stiftungen: Denn die Frage nach ihrer Legitimation sollten die Förderwerke völlig zu Recht immer wieder neu beantworten müssen – und wenn im Glashaus nie ein frischer Wind weht, gehen die Antworten irgendwann aus.