Immobilienmarkt Konstanz – Eine Odyssee

Prolog

Dies ist die emotionale Geschichte, wie ich mich auf die Suche nach einer eigenen Mietwohnung in Konstanz begab und keine fand.

Logbucheintrag Woche 1 – Erste Annäherungsversuche

Ich fühlte mich wie ein Kind an seinem ersten Schultag. Vor mir eine Stadt geballten Wohnungspotenzials, das es zu erkunden gab. Wie aufregend. Grenzen kannte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, die Immobilienwelt schien mir offen zu stehen. Eine sehr naive Betrachtungsweise, wie sich im Laufe der Wochen herausstellen sollte. Wo beginne ich, welches Portal hat die besten Angebote? 50 Quadratmeter schienen mir angemessen, am besten zwei Zimmer mit Balkon, sanierter Altbau oder neuer Neubau, Lage zentral aber dennoch nahe der Universität und des Sees. Liebevoll verfasste ich einen Text über meine Wenigkeit und warum Vermietende sich glücklich schätzen können, mich in ihrem Heim hausen zu lassen. Copy Paste und ab die Post ins Eigenheim.

Logbucheintrag Woche 2 – Ernüchternde Erkenntnisse

Offen gesagt – ich hatte mir mehr erhofft. Als auf meinen hingebungsvollen Text keine Antworten kamen, es sei denn, es waren vorinstallierte Absagen, fühlte ich mich zurückgewiesen und mein Mut schwand. Meine Großmutter pflegte zu sagen, unerwiderte Gefühle seien die schmerzhaftesten, was ich in jener dramatischen Stille, die auf eine nicht beantwortete Anfrage folgte, zutiefst nachempfinden konnte. Und dennoch war ich noch nicht bereit, meine Ansprüche auf ein realistisches Maß herunterzuschrauben.

Logbucheintrag Woche 3 – Der Fund: Ein Hoffnungsschimmer

Ein anders Mal war es, dass ich ein Wohnungsinserat fand, dass eindeutig zu günstig war, um in Konstanz groß, schön und zentral gelegen zu sein.

Ich bin so ein Glückspilz, es gibt doch noch wohlwollende Vermietende in der Stadt,

redete ich mir ein, das Glück meiner Entdeckung kaum fassend. Bei dem Blick auf die Karte merkte ich: Diese Straße ist definitiv nicht dort verortet, wo sie sein sollte. Genau genommen sogar auf der falschen Rheinseite. Verwundert fragte ich mich:

Was kann das wohl bedeuten? Es muss sich um eine geographische Ungenauigkeit handeln.

Natürlich wird sich meine schlimmste Befürchtung bewahrheiten – das Inserat sollte das eines Betrügers sein. Mit der Ausrede, die Vermieterin sei gerade in Spanien und man könne die Wohnung über Airbnb buchen, lockte der Wolf im Schafspelz unschuldige Studierende an. Auch ich verfiel dem Sirenengesang und ließ mir besagte Airbnb-Seite schicken – die auf den ersten Blick sehr seriös erschien. Doch ich, mit allen Wassern gewaschen und zudem vertraut mit den Funktionalitäten einer Website, erkannte den faulen Zauber sehr schnell. Die Seite war nicht von dem bekannten Anbieter Airbnb, sondern vielmehr ein trügerisches Abbild ein jenen. Die URL stimmte nicht und viele Schaltflächen konnten nicht bedient werden. Ich wurde wütend:

Nicht mit mir, SO nicht!

Mit beinahe leidenschaftlicher Erbitterung über den Verlauf der letzten Wochen verfasste ich eine entsprechende Mail an die betrügerischen Vermietenden, ein jähzorniges Manifest über solch eine Frechheit. Wie konnten sie es wagen. Nach dem Abschicken erhielt ich zwei anonyme Anrufe (von wem die wohl gewesen sind?) und zurück blieben nur ich und eine sonderbare Leere… Wieder einmal stand ich an Punkt Null.

Logbucheintrag Woche 4 – Resignation

Konstanz ist eine Stadt, in der fast 20 Prozent Studierende leben, die sich mit ihrem Einkommen knapp über und unter der 2020 gesetzlich definierten Armutsgrenze von 781 Euro Netto bewegen. Wie kann es sein, dass diese Stadt auch gleichzeitig mit die preisintensivsten Wohnungen Deutschlands bereitstellt?

Besteht die Möglichkeit, dass es in einer Stadt mehr Menschen als Wohnplätze gibt?,

sinniere ich, das Glas Wein in der einen Hand, die andere reaktionsbereit über der Immobilien- App schwebend. Wäre es möglich, dass es in Konstanz infrastrukturell verankert ist, dass studentische Bewohner:innen in Wohngemeinschaften ziehen müssen, um hier studieren zu können – unabhängig davon, welche Art und Weise zu leben sie präferieren?

Epilog

Wohin mich meine Reise führen wird, kann ich bislang noch nicht sagen. Eine lange Reise, an deren Ende hoffentlich ein Goldtopf in Form einer bezahlbaren Einzimmerwohnung stehen wird. Denn das ist es, was Konstanz aus Wohnraum macht – ein unschätzbares Gut, welches nur noch wenig mit realistischer Vorstellung vereinbar ist.

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