Unter diesem Stigma scheinen Weihnachten und Familie nicht voneinander zu trennen sein. Das macht es nicht unbedingt einfach, unter Quarantäne stehend in Konstanz zu verweilen, während daheim der Weihnachtsbaum geschmückt und der Braten aus dem Ofen geholt wird. Sei es aufgrund eines zu hohen Ansteckungsrisikos, oder erschwerter Heim- und Ausreisebedingungen; für viele Studierende steht dieses Jahr kein „Driving Home for Christmas“ auf dem Plan.
Nun – wie wir inzwischen alle lernen mussten, ist 2020 eben nicht alles so einfach, wie bisher. Und für viele bedeutet das, sich von der Tradition zu verabschieden und unter den Umständen dieses viel zu verrückten Jahres zu versuchen, umzudenken und sich auch ohne Familie ein besinnliches Fest zu mausern. Denn geht es bei Weihnachten nicht um Liebe? Und Weihnachtsliebe findet sich auch in den verwinkelten Ecken außerhalb des Elternhauses.
In jeder WG ist doch ein bisschen Liebe zu finden
In den letzten Monaten war es nicht unbedingt einfach, in einer Wohngemeinschaft zu leben. Aus dem Maß an gemeinsamer Zeit wurde eine Masse, aus den WG-Abenden wurden WG-Monate. Und auch, wenn es mehr als in Ordnung ist, sich still und heimlich ein wenig soziale Abwechslung zu wünschen, so haben unsere Mitbewohner_innen es doch verdient, ihnen auch einen der (für die meisten) wichtigsten Tage im Jahr zu widmen. Denn: Wir wohnen zusammen, wir streiten, lachen und weinen auch manchmal zusammen. Da frage ich mich: Wie viel familiärer kann es noch werden? Wir teilen nicht nur die Wohnung, sondern auch Geheimnisse, Momente und Geschichten über das Leben. So ein bisschen Liebe steckt in jeder WG. Bei manchen offensichtlich und bei anderen eher versteckt in dem „Bedient euch bei den Plätzchen“ oder „Viel Glück beim Referat später“. Und bei WGs, die nicht aus Freund_innen, sondern Zwecken bestehen, ist das nun die Gelegenheit, aus Fremden Freunde und Post Corona aus einem „Ich bin nachher beim Grillen“ ein „Hei, hast du Lust, mit mir mit zu kommen?“ werden zu lassen. Ein Weihnachten ohne die Familie ist demnach nicht nur eine Einschränkung, sondern bietet eine Fülle an Möglichkeiten, neue Traditionen zu entdecken und zu etablieren.
Nachhaltig geschenkt
So sollte auch dem Kaufen von Weihnachtsgeschenken als traditionellem Materialismus eine neue Sichtweise gewidmet werden. Schließlich messen die meisten Studierenden ihren Wert nicht an haptischem Eigentum, sondern viel mehr an idealistischem, moralischem und emotionalem Konsum. Zudem sind die meisten Geschenke mit ihren Verpackungen schlicht und einfach nicht nachhaltig genug für eine Generation, die aus Nudelstrohhalmen trinkt, für eine grüne Zukunft demonstriert und der mittelalterlichen Manier fester Haarseifen ein Comeback widmet. Im Hinblick darauf schlage ich vor: Lasst uns aus dem unbeliebten Schrottwichteln ein nachhaltiges Wichteln als neue WG-Weihnachtstradition etablieren! Für die Inspirationslosen unter euch, die gerade schon anfangen wollten, eben jene Nudeln in Geschenkpapier zu falten, denen soll gesagt sein: Eingepackt wird nur in Geschirrhandtücher oder Zeitungspapier und geschenkt nur mit Grips und Liebe.
Vorschlag Eins: Makramees kennen inzwischen die Meisten – die kreative Blumenampel ist auch ohne viel Handwerksgeschick schnell geknüpft. Es benötigt lediglich einer stabilen Schnur und weniger Stunden eurer Zeit. Ein Töpfchen kann günstig Second Hand in einem der „Fairkäufe“ der Stadt ersteigert oder während des Lockdowns durch eine bunt gestaltete Blechdose ersetzt werden.
Vorschlag Zwei: Bienenwachstücher sind nicht nur nachhaltig, sondern können auch leicht selbst gemacht werden. Das Wachs müsst ihr eventuell besorgen, könnt es aber alternativ auch aus einer alten Bienenwachskerze schmelzen. Nehmt als nächsten Schritt Stoffreste eurer Wahl, legt die, in Einzelteile zerlegten, Bienenwachsstücke darauf und bügelt den Stoff zwischen zwei Lagen Backpapier, um eine Sauerei zu vermeiden. Als weitere Variante könnt ihr den Stoff mit dem Wachs auch auf einem Backpapier in den Ofen schieben und bei 80 Grad für ein paar Minuten backen lassen.
Vorschlag Drei: Eine weitere Idee, altes Wachs für Upcycling zu nutzen, sind eingewachste Frühlingsblumen. Dafür reinigt ihr Frühlingsblumenzwiebeln eurer Wahl mit Wasser und trocknet sie mit einem weichen Tuch ab. Das Wachs wird währenddessen geschmolzen, beispielsweise in einem milden Wasserbad bei etwa 80 Grad. Anschließend taucht ihr die Blumenzwiebeln unterhalb des Blattgrüns vorsichtig mehrmals in das geschmolzene Wachs, sodass mehrere Schichten entstehen. Dadurch wird das Wasser konserviert und die Blume kann weiterblühen und wachsen. Außerdem sind die Wurzeln (insofern ihr sie nicht abschneidet im Vorhinein) ganz wunderbare, ästhetisch anmutende Gebilde.