Der 25-jährige Alieu Ceesay war fester Bestandteil des Konstanzer Theaters und ist am Abend des 19. Juli noch bei einer Aufführung des Projektes „I want to believe …“ in der Spiegelhalle auf der Bühne gestanden. Doch das ist nicht mehr. Seit dem 20. Juli sitzt Alieu in Abschiebehaft in Pforzheim und könnte jeden Tag mit dem nächsten Flugzeug zurück nach Gambia geschickt werden. 2020 kam Alieu nach Deutschland, integrierte sich, und fing eine Ausbildung bei der Blecherei Gogolin in Singen als Klempner an. Alieu sei nicht nur ein Teil des Ensembles „Interkulturelles Tanztheater“, sondern auch „ein Freund, ein Künstler, und ein bereicherndes Mitglied für unsere Konstanzer Stadtgesellschaft“, schreiben Karin Becker, Intendantin des Theater Konstanz und Romana Lauter, Leiterin des Jungen Theater Konstanz in einer öffentlichen Kundgebung kurz nach Ceesays Verhaftung.
Die Nachricht über Ceesays geplante Abschiebung hat sich schnell verbreitet und ist auf großes Unverständnis gestoßen. Am Abend des 24. Juli hat eine Mahnwache auf der Marktstätte gegen die geplante Abschiebung stattgefunden. Zu der Veranstaltung mit dem Motto „Wir sagen NEIN zur Abschiebung von Alieu Ceesay“ sind fast 400 Menschen erschienen, die Beiträgen aus Musik, Politik, Kultur und dem Freundeskreis des Betroffenen zugehört haben und den Verlust eines so integrierten und einzigartigen Menschen nicht einfach so hinnehmen wollten. Es wurden sowohl das Regierungspräsidium als auch die Ausländerbehörde des Landkreis Konstanz gebeten, die Abschiebung zu stoppen. Doch bisher ohne Erfolg. Mehrere Politiker:innen, unter anderem Lina Seitzl, Bundestagsabgeordnete der SPD, und Manfred Hölzl von der CDU äußerten sich zu der prekären Situation und appellierten an die Ausländerbehörde des Landkreises Konstanz, die Abschiebung aufzuhalten.
Die Abschiebung drohe dem 25-Jährigen nun, weil er seinen Reisepass offengelegt habe, um eine Ausbildung anfangen zu können. Dadurch habe sich sein Herkunftsland Gambia offenbart. Die Abschiebung hat explizit nichts mit einer vorherigen Straftat, dem Besitz von Marihuana, zu tun.
Neben vielen Bürger:innen bemühen sich auch lokale Kollektive und Initiativen, wie zum Beispiel das Fak, das Café Mondial, und viele mehr darum, die Abschiebung aufzuhalten, für das Thema zu sensibilisieren und einen Austausch über den Umgang mit solch einer Situation zu ermöglichen.
Update:
Es gibt neue Entwicklungen zur Abschiebung von Alieu Ceesay. Die Aufrufe von Freund:innen, Arbeitskolleg:innen, und Unterstützer:innen des jungen Gambiers wurden gehört und die Abschiebung vorerst gestoppt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat einer freiwilligen Ausreise Ceesays am 27. Juli zugestimmt. Das bedeutet, dass Alieu im besten Fall nach sechs Monaten wieder nach Konstanz kommen kann, um seine Ausbildung fortzusetzen und am Leben in der Stadt teilzunehmen. Zunächst einmal ist das ein Teilerfolg für alle Aktivist:innen, Anwält:innen, und Freund:innen, die Tag und Nacht daran gearbeitet haben, der Abschiebung entgegenzuwirken. Allerdings gibt es einen Haken an der Entscheidung des Regierungspräsidiums: Die Kosten für seine Ausreise, die Zeit in Abschiebehaft, die Vorführung vor dem Richter, die polizeiliche Begleitung und die Transportkosten zum Flughafen, sowie die Flugkosten und die Verwaltungsgebühren soll Alieu Ceesay selbst tragen.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe verlangt voraussichtlich 10.000 bis 12.000 Euro – ein Schätzwert, der nun von Alieu zurückgezahlt werden muss. Um dem 25-Jährigen zu helfen, da er die Kosten ohnehin nicht alleine stemmen kann, haben seine Unterstützer:innen einen Spendenaufruf gestartet, um die große Summe auf viele Schultern zu verteilen.
Spenden für Alieu Ceesay können auf gofund.me/41c456ce beigesteuert werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise behauptet, Alieu drohe aufgrund vergangenen Besitzes von Marihuana eine Abschiebung. Dies haben wir nun korrigiert.