Unser Treffen mit Andreas Romer findet in seinem länglichen Büro im F-Gebäude der Universität statt. Auf der einen Seite säumt ein Regal mit unzähligen Büchern und Magazinen die Wand. Auf der anderen steht ein kleiner Tisch mit drei Stühlen. Romer hat sich gerade einen Kaffee geholt und setzt sich an seinen ausladenden Schreibtisch. Durch das offene Fenster kann man die Vögel zwitschern hören. Er erzählt, dass die Idee zum neuen Masterstudiengang „Sociology of Inequality“ durch die Professor:innen der Soziologie, die auch im Exzellenzcluster „Politics of Inequality“ tätig sind, entwickelt wurden. Professor Thomas Hinz, Professorin Susanne Strauss, Professorin Claudia Diehl und Hochschuldozent Maarten Buis seien im Planungsteam gewesen, dazu habe sich inzwischen Juniorprofessor Sebastian Koos gesellt und auch Professor Boris Holzer gehöre zum festen Lehrpersonal des neuen Studiengangs. „Das Thema Ungleichheit ist natürlich auch ein Kernthema in der Soziologie“, sagt Romer. Er selbst war an der Umsetzung auch beteiligt und hat sich vor allem um die administrative Koordination gekümmert. „Das war vor ungefähr einem Jahr. Da haben wir uns zusammengesetzt und uns mit Fragen beschäftigt, wie: Wie soll so ein Studiengang aussehen? Haben wir überhaupt die Kapazitäten dafür? Wie kann man das machen?“ Die Planung hat dabei fast ein ganzes Jahr gedauert, inklusive Marketing, Übersetzung und Vorbereitung der Homepage. Parallel dazu durchlief das Ganze auch monatelang mehrere universitäre Gremien. Mit großem Erfolg: „Die Idee wurde ziemlich gut angenommen“, erklärt er sichtlich erfreut.
Und auch die Nachfrage für den Studiengang bei Studierenden war enorm. Durch die Internationalität und Lehrsprache Englisch richtet er sich auch an internationale Studierende. Zwei Drittel der eingegangenen 120 Bewerbungen seien dabei Bewerber:innen aus der ganzen Welt gewesen. 50 bis 60 Leute hätten sie dann davon zugelassen, bei einer Maximalanzahl von eigentlich 15 Plätzen. „Wir sind da deutlich drüber“, lacht Romer. Aber sie würden es trotzdem hinkriegen, die Studienbedingungen auf ihrem hohen Niveau zu erhalten. „Das hätten wir allerdings auch nicht gedacht, aber wir freuen uns natürlich riesig über die große Nachfrage“, gibt er zu. Ob und wie die Anzahl der Plätze für das Masterstudium in Zukunft erweitert werden könnte, ist momentan noch unklar. Mehr Plätze würde auch mehr Personal bedeuten, das man erstmal einstellen müsste. „Das müssen wir erstmal dürfen!“, schmunzelt Romer. Die Entscheidung liege dabei bei der Universität. Bei der hohen Zustimmung zum Master gebe es vielleicht eine Chance: „Ich denke, das passt ganz gut in die Konzepte und Ideen, wie die Uni in Zukunft aufgestellt sein möchte, weil es eben ein internationaler Studiengang ist und sehr gut zu unserer Forschungslandschaft und zum Cluster passt.“
Der neue Masterstudiengang unterscheidet sich vor allem thematisch von den bereits existierenden Studiengängen der Soziologie. Es gibt inhaltliche Veranstaltungen zu „current debates“, in denen es um aktuelle brennende Themen geht. „Zum Beispiel Corona, also wie beeinflusst Corona Ungleichheit?“, fügt Romer hinzu. Aber auch Themenschwerpunkte der Migration, Gender, Global und Political Inequality gehören zum Pflichtprogramm, genauso wie ein Projektseminar, in dem Forschungsmethoden dann auch angewendet werden. Während der Master „Ethnologie und Soziologie“ rein auf qualitative Methoden setzt, soll „Sociology of Inequality“ rein quantitativ ausgerichtet werden. Für das erste und zweite Semester sind Regressionsanalyse und fortgeschrittene quantitative, statistische Methoden vorgesehen, die sich vor allem mit der Frage auseinandersetzen: Wie misst man überhaupt „Inequality“? Im dritten Semester folgen dann ein sechsmonatiges Pflichtpraktikum und die Masterarbeit im Vierten.
Ein in der Studienordnung festgeschriebenes Praktikum im Master? Ziemlich ungewöhnlich. „Absolut. Ich kenne sonst keinen Master, der so ein Pflichtpraktikum hat“, gibt Romer zu, „Andererseits ist das für unsere Studierenden natürlich eine Chance, einen Schritt in die Berufspraxis zu gehen oder die Forschung an einer anderen, gerne auch internationalen Einrichtung, kennenzulernen und so eine andere Perspektive mitzubekommen.“ Die Berufschancen können so signifikant erhöht werden. Dabei werde es gute Anknüpfungspunkte an eine Promotion, zum Beispeils an der „Graduate School of the Social and Behavioural Sciences (BSBS)“ geben. Daneben wird ein weiteres, kleines aber stetig wachsendes Angebot an Praktika vom Fachbereich geplant. „Daher ist das Pflichtpraktikum definitiv eine bewusste Entscheidung gewesen.“
Der Beginn des Masters ist immer im Wintersemester. Da die Bewerbungsfrist für das kommende Semester bereits zu Ende ist, kann man sich ab März 2023 wieder für das Wintersemester 2023/2024 bewerben. Beim Bewerbungsverfahren sind eine Mindestnote von 2,5 im Bachelor und Englisch auf B2-Niveau wichtige Mindestvoraussetzungen. Dabei können sich Absolvent:innen aus den Bereichen Soziologie, Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft bewerben. Auch ein gewisses Maß an Spaß und Interesse nicht nur am Thema „soziale Ungleichheit“, sondern auch an Statistik und an quantitativen Forschungsmethoden können nützlich sein. Und nach dem Master? „Hier ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten“, erklärt Romer, „Die Praktikumseinrichtungen könnten dann auch mögliche Arbeitgeber werden.“ Das könne zum einen eine Forschungsausrichtung sein, aber zum anderen auch staatliche Einrichtungen, Marktforschung, Consulting, Migrations- und Geflüchtetenmanagement oder NGOs sein. Durch den Schwerpunkt auf Ungleichheit könne es auch Möglichkeiten geben, in internationalen Organisationen, wie der UNO zu arbeiten. Durch die verschiedenen Angebote im Studium bietet sich die Möglichkeit, sich auf das präferierte Berufsfeld zu spezialisieren.