Zugegeben, bei der Recherche dieses Artikels ist es uns von Anfang an schwergefallen, zu benennen, wer bei dieser Wahl eigentlich für was zuständig ist. Ein Blick ins Internet hat zunächst mehr offene Fragen ergeben, als beantwortet. Viele Webseiten zur Uni-Wahl waren veraltet, demnach nicht geupdatet oder teaserten „in Kürze“ neue Informationen an. „Ein Organigramm, eine Übersicht, das wäre doch eigentlich was“, merkte eine Redakteurin an. Daher haben wir in den vergangenen drei Wochen so viele Informationen wie möglich gesammelt und dabei eine Newcomer-Partei entdeckt, der es in erster Linie nicht ums Gewählt-Werden geht, sondern um die Wahl selbst bekannter zu machen. (Übrigens: Ein weiterer Artikel zu hinter den Kulissen der Uni-Wahl ist für die zweite Printausgabe des Semesters im Juli geplant, stay tuned!)
Zum allerersten Mal in der Geschichte der Uni-Wahlen tritt eine ganz neue Partei an: Die „Walpartei“. Unsere Redakteurin Hanna hat die Kandidaten Maximilian und Sven getroffen. Maximilian wusste selbst nichts von den Uni-Wahlen, bis er sich bei der Walpartei engagierte. Der Gründer der Partei, Paul, musste ihn erst aufklären, was das Studierendenparlament (StuPa) macht, wie viel Geld dieses verwaltet und dass es auch wirklich echten Einfluss auf den Studienalltag hat. „Das StuPa wird von zu wenig Leuten getragen. Die meisten wissen nichts davon oder beteiligen sich nicht“, sagt er. Sven war vorher schon einmal im Wahlausschuss. „Es wurden aber auch schon viele gute Sachen von der StuPa umgesetzt“, wendet er ein und führt als Beispiel den Plan für das Baden-Württemberg-Ticket an. Zu wenig Studis seien sich dessen Tragweite bewusst: „Uni ist keine träge Masse, die sich nicht beteiligt.“ Die meisten würden das einfach nur nicht wissen.
Ist der ungewöhnliche Name der Walpartei auch Programm? Schließlich ist der erste Punkt im Wahlprogramm: „Rettet die Bodenseewale!“ Auch eine R2D2-Kostümpflicht, mehr Platz für Mensa und Bibliothek wird gefordert, indem Sektion 3 ausgeschlossen wird, genauso wie das Beibehalten niedriger Hiwi-Löhne. Was eher nach satirischen Forderungen klingt, hat aber auch ernsthafte Hintergründe: „Wir wollen keine Randale machen“, versichern Maximilian und Sven. Es ginge ihnen nicht darum, Chaos zu stiften, sondern den Wahlprozess positiv zu beeinflussen und Leute zu motivieren, sich zu beteiligen. Und nebenbei eben auch einzufordern, dass das StuPa das macht, wofür es steht.
Wie hoch sind da die Absichten, wirklich gewählt zu werden? Der Walpartei gehe es vor allem darum, die Wahl zu bewerben. Falls sie doch gewählt würden, dann würde man natürlich ernsthafte Inhalte ins StuPa einbringen wollen, was ein bisschen an „Die Partei“ im EU-Parlament erinnert. Neben Werbung und Aufmerksamkeit für die Wahlen geht es ihnen aber auch um ein demokratisches Anliegen: Eine zweistellige Wahlbeteiligung zu erreichen. Die Wahlbeteiligung lag bis zuletzt unter zehn Prozent.
Und was konkret möchte die Walpartei bei der Wahl ändern? Laut Maximilian und Sven würden die meisten Studis einfach keine Mails lesen. Daher bräuchte es dringend ein neues Medium, um die Wahl effektiver zu bewerben und relevante Infos zu teilen: „Zum Beispiel über Poster, den Insta-Account der Uni – eben unterhaltsamer und lustiger!“ Die beiden würden sich auch wünschen, dass die jeweiligen Fachschaften ihre eigenen Studis mehr miteinbeziehen, sie ansprechen und Infos teilen. Das wäre auch eine Chance für die anderen Parteien, sich bekannter zu machen. „Ich kenne nicht einen unserer Gegner“, sagt Max.
Hier findet ihr das ganze Wahlprogramm der Walpartei: https://campuls.online/wp-content/uploads/2022/05/Walprogramm.pdf
FAQ zur Wahl
Wen dürfen wir als Studierende eigentlich wählen?
In der Zeit vom 30.05. bis zum 02.06. können wir, das heißt alle Mitglieder der Studierendenschaft, das Studierendenparlament (StuPa) und das Studienfachschaftswahlgremium (SFSWG) wählen.
Das StuPa ist eine Art Legislative der Studierendenvertretung (StuVe). Es bestimmt Satzungen und den Haushalt, kann aber auch Beschlüsse aller anderen studentischen Gremien aufheben (eine komplette Übersicht der studentischen Gremien findet ihr im Organigramm). Generell geht es Fragen nach, die sich nicht mit Lehre und Forschung direkt beschäftigen. Zum Beispiel kann es politische Erklärungen erlassen oder sich mit Dingen wie der Bibliothek und dem Studierendenwerk auseinandersetzen. Das StuPa wählt sowohl Referent:innen und Vertreter:innen der AStA-Referate, als auch der der fünf stärksten Fraktionen. Insgesamt sitzen 23 Mitglieder im StuPa, die für ein Jahr gewählt werden. Jede:r Studierende darf an den Sitzungen des StuPas teilnehmen. Laut Ersti-Info werden aktuelle Termine auf der Homepage bekanntgegeben, der letzte Termin auf der Webseite verweist allerdings auf Herbst 2021. Die Wahl erfolgt per Liste, bei der jede:r vier Stimmen hat, die beliebig auf Listen und Kandidat:innen vergeben werden dürfen. Man kann auch mehrere Stimmen eine:r einzigen Kandidat:in geben.
Die ausführlichen Kandidaturlisten für das Studierendenparlament findet ihr hier.
Das Studienfachschaftswahlgremium (SFSWG) wird von Studienfachschaftsmitgliedern gewählt, das heißt, Studierende können Mitglieder aus ihrer studiumsbezogenen Fachschaft wählen. Dabei hat jede:r Wähler:in sieben Stimmen, die jeweils nur für eine:n Kandidat:in vergeben werden darf. Die SFSWGs wählen dann jeweils die (stellvertretenden) Vorsitzenden ihrer Fachschaften und schicken Vertreter:innen in die sogenannte Fachschaftskonferenz (FSK).
Daneben wird es eine Urabstimmung geben. Bei einer Urabstimmung dürfen alle Studierenden bei einer Entscheidungsfrage ihre Stimme abgeben. In diesem Fall betrifft das die Frage, ob die StuVe das Campus-Festival weiterhin mit 40.000 Euro unterstützen soll.
Um was geht es konkret bei der Urabstimmung?
Das Geld macht circa 13 Prozent unseres Studierendenbeitrags aus. Dieses soll als Fördermittel vergeben werden. Davon profitiert das Campus-Festival seit vielen Jahren. Da dieses nun aber ohne Campus im Bodenseestadion stattfand, soll nun per Abstimmung entschieden werden, ob die Veranstaltung noch studentisch ist. Denn nur dann darf die StuVe das Festival weiterhin bezuschussen.
Nach unserem ersten Artikel „Ist das Campus-Fesival noch studentisch?“ lud die StuVe zu dieser Frage per Rundmail gestern zu einer Podiumsdiskussion ein. Dort anwesend waren auch Xhavit Hyseni und Marie, eine Beteiligte aus dem Kernteam des Festivals, die aus der Sicht des Campus-Festival-Teams informierten. Mit den 40.000 Euro wird ein Drittel der Helfer:innen finanziert, fast ausschließlich Studierende. Der Rest kommt aus dem Budget der Festival GmbH, das sich inklusive der studentischen Förderung auf 1,717 Millionen Euro beläuft. Der studentische Anteil macht 2,66 Prozent der Summe aus.
Mirkan Alpaslan vom Vorstand der StuVe wies daraufhin, dass bei der Abstimmung ausschließlich über den monetären Aspekt der Campus-Festival-Förderung entschieden werde. Wie alternative Kooperationen im Falle eines „Neins“ oder auch neue Konzepte bei einem „Ja“ ausfallen könnten, müsse zwischen Studierenden und Festival-Verantwortlichen ausgehandelt werden. Denn neben dem finanziellen Beitrag sind es die studentischen Helfer:innen, die aus dem Festival ein Campus-Festival machen. So betonte auch die StuVe ihre Rolle bei der Organisation mit „Women und Men-Power“. Bei der Gestaltung des Festivalgeländes hätte man sich besonders beteiligt.
Pro Studierenden wurden also in diesem Jahr 3,88 Euro an das Festival ausgezahlt. Die Veranstalter:innen betonten ihre Mission, Kultur günstig für viele zugänglich zu machen, wofür der Beitrag eine wichtige Hilfe sei. Auf die 60 Euro teuren Tickets umgelegt, werden durch die Solidarfinanzierung ungefähr zwei Euro pro Ticket beglichen. Hyseni und Marie betonten außerdem die Signalwirkung der Abstimmung. Ein „Nein“ zur Finanzierung werde auch als ein „Nein“ zum Campus-Festival aufgefasst. Der Vorverkauf für das nächste Festival startete allerdings schon in den Tagen nach dem Festival 2022.
Erwähnung fanden am Rande der Diskussion auch die umstrittenen Kommentare durch die Social-Media-Accounts des Festivals. Hier kam der Studierenden-Charakter als Erklärung für Fehler zur Sprache – die irritierenden Antworten auf teils aggressive Kritik seien aufgrund der fehlenden Professionalität von studentischen Helfenden zustande gekommen, wofür man um „Nachsicht und Entschuldigung“ bat.
Die circa 60 anwesenden Studierenden honorierten einige Aussagen mit verhaltenem Klopfen. Was sich daraus erahnen ließ, machten die Apelle, tatsächlich abzustimmen, in dem akustisch gespaltenen Raum umso dringender: Ein klares Meinungsbild ließ sich nicht erkennen.
Welche Listen bewerben sich um Plätze im StuPa?
Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) tritt mit 23 Listenplätzen an.
Die RCDS – „die Campusunion“ ist mit 9 Kandidat:innen vertreten.
Die Juso-Hochschulgruppe (Jusos) tritt mit ebenfalls 23 Kandidat:innen an.
Die Links-Grüne Liste (LGL) schickt 10 Kandidat:innen ins Rennen.
Die Grüne Hochschulgruppe (GHG) ist mit 7 Listenplätzen vertreten.
Newcomer bei den Wahlen ist die Walpartei. Sie tritt mit 7 Kandidat:innen an.
Welche Studienfachschaftswahlgremien stehen zur Wahl?
Die SFSWGs von Psychologie, Mathematik, Literatur und Linguistik, Politik- und Verwaltungswissenschaften, Biologie, Chemie, Physik, Sportwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Geschichte, Rechtswissenschaft, Philosophie, Mathematische Finanzökonomie, Informatik und Soziologie bewerben sich mit zwischen sieben bis zwölf Kandidat:innen.
Was hat der AStA damit zu tun?
Den AStA haben wir oben bereits kurz angesprochen – das ist der allgemeine Studierendenausschuss (AStA). Dieser wird aus vier Vorsitzenden der StuVe (zwei vom StuPa, zwei von der Fachschaftskonferenz (FSK) gewählt), den Fraktionsvertreter:innen und den Referent:innen zusammengesetzt. Die AStA-Referate beschäftigen sich mit vier Themen: Kultur und Events, Finanzen, Hochschulpolitik und NaSoGi (Nachhaltigkeit, Soziales und Gleichstellung). Alle Referate haben ihr eigenes Budget und handeln unabhängig von den anderen Gremien. Mit dem Campus-Festival wird beispielsweise an den Ersti-Tagen reihenweise Werbung gemacht, das mit 40.000 Euro auch von der StuVe unterstützt wird (Wir berichteten).
Was ist die Fachschaftskonferenz (FSK)?
Die FSK koordiniert die einzelnen Fachschaften der Studiengänge und repräsentiert Studierende bei allen Fragen rund um Lehre und Forschung. Sie kann auch Satzungsänderungen und den Haushalt durch ein Vetorecht kontrollieren.
Wie funktioniert die Wahl?
Die Wahl wird online abgehalten. Mit euren Uniaccount-Zugangsdaten könnt ihr euch über Zeus während des Wahlzeitraumes einloggen. Der Zeitraum geht von Montag, 30.05. um 12 Uhr bis Donnerstag, 02.06., ebenfalls 12 Uhr. Ihr könnt eure Stimmen dort mittels eines elektronischen Wahlzettels ausfüllen und abgeben.
Weitere Informationen zur Wahl findet ihr unter https://www.uni-konstanz.de/gremien/wahlen/wahl-2022-akademische-gremien-und-studierendenvertretung/.
Gut, dass über die Strukturen an der Uni aufgeklärt wird! Viele Studierende kennen ihre Rechte nicht und nehmen sie somit auch nicht wahr! Da ich selbst an Hochschulen unterrichte, weiß ich, wovon ich rede. Großes Lob der WAL-Partei!