Die Temperaturen sind nicht mehr so eisig, dass man abgeschreckt wird, aber die Chance, Nordlichter zu sehen, ist gering. Die Seenplatten kann man nur bedingt besuchen, denn entweder ist alles zugefroren, oder es beginnt, zu tauen und damit startet meist auch eine verregnete Zeit, in der man sich lieber in eine Sauna verkriechen möchte.
Anfang April und somit außerhalb der Hauptreisezeiten für Finnland flogen zwei Freund:innen und ich für neun Tage nach Helsinki. Im Gepäck hatten wir Thermounterwäsche, Wanderschuhe, Winterwanderhosen, dicke Socken, Sonnenbrillen und Sonnencreme. Zumindest zwei von uns. Doch auch der Dritte im Bunde hat in Jeans jede Wandertour überstanden.
Wie bei jeder Reise gehen Abenteuer erst dann los, wenn etwas schief geht. Bei uns begann es bereits bei der Automietung. Denn diese wurde – trotz Bestätigungsmail – nicht im System registriert, sodass wir zuerst ohne Mietwagen dastanden und letztendlich über zweihundert Euro mehr zahlen mussten.
Ohne Auto kommt man nur schwer in die abgelegenen Gegenden, die wir bereisen wollten. Um einen kleinen Ausgleich zu dem teuren Auto zu finden, wurde es zu unserer Priorität, nur noch bei Lidl einzukaufen und günstigste Airbnbs zu nehmen. Bei beidem hatten wir Glück.
Durch die Nebensaison waren die Preise für die Wohnungen erträglich und so kamen wir jede Nacht an einen anderen Ort mit wenig finanziellem Verlust zur Ruhe.
Wir hatten trotz April – der macht ja sonst bekanntlich, was er will – nur Sonnenschein oder Schneefall. Letzteres ist deutlich angenehmer als Regen, selbst wenn es – wie wir im Nachhinein erfahren haben – ein Schneesturm ist. Trotz Sturmwarnung sind wir, bis zur Hüfte im Schnee, in Nationalparks herumstolziert und haben uns über Google Maps und Mapsme versucht vorzustellen, wo normalerweise die Wege liegen. Solche Unterfangen sind natürlich nicht ganz ungefährlich und genau deshalb muss man immer gut ausgestattet sein mit genug Akku, einer Trinkflasche (notfalls kann man Schnee nachfüllen) und dem ein oder anderen Müsliriegel. Auch die zugefrorenen Seen bieten sich wunderbar dafür an, sich zu Dummheiten verleiten zu lassen. In Finnland funktioniert das je nördlicher man kommt gut, aber eine gewisse Vorsicht sollte man bei den ersten Schritten auf dem gefrorenen Wasser trotzdem an den Tag legen.
Die Nationalparks sind auch deshalb so abenteuerlich, weil der meterhohe Schnee einfach immer mitten auf der Straße anfängt und man plötzlich nicht weiterfahren kann. In diesen Fällen stellt man den Wagen einfach ab und läuft den Rest: Wandern ist in den Nationalparks ohnehin das Ziel. So geht es dann über vereiste Treppen, rutschige Hügel und verschneite Wege durch Finnland.
Der höchste auf der Karte gelegene Punkt unserer Reise liegt auf dem nördlichen Polarkreis. Rovaniemi selbst, so hieß jener Zielort, hat nicht viel zu bieten, außer Touren in die nördlicheren Gebiete und das Weihnachtsmanndorf. Dieses ist jedoch ein winterlicher Touristenmagnet, der nur zum Postkarten- und überteuerten Shoppen von Andenken zu empfehlen ist. Im „Dorf“ reihen sich die Unterkünfte an ein gutes Dutzend Souvenirshops. Dafür spricht der „wahrhaft echte“ Weihnachtsmann in jeder Sprache ein paar Sätze und man kann sich mit dem Mann mit Rauschebart für ein paar Minuten ganz lustig unterhalten. Von Konstanz oder dem Bodensee hatte er aber noch nie gehört. Vielleicht liefern wegen der Überbevölkerung mittlerweile auch seine Elfen statt ihm selbst die Geschenke aus.
Ein großer Vorteil der Nebensaison sind auf jeden Fall die Skipreise im „Syöte Kansallispuisto“, also im Syöte Nationalpark. Eher zufällig sind wir in dem Skigebiet gelandet und haben uns dort Equipment ausgeliehen, in Schneewanderhosen und Jeans sind wir dann für nur ein Drittel der schweizerischen und österreichischen Preise mehrere Stunden die Pisten herunter gerast. Vor allem für blutige Anfänger:innen, sprich für diejenigen, die noch nie Ski gefahren sind, ist das Gebiet unter der Woche nur zu empfehlen. Die Pisten sind frei und der dort liegende Schnee könnte perfekter nicht sein.