Protest

“Theresia Bauer, wir sind sauer”

Protest zum Jahrestag der Einführung von Studiengebühren in Baden-Württemberg.

„Theresia Bauer, wir sind sauer“,

so hallte es am Donnerstagnachmittag des 03. Mai durch die Altstadt. Theresia Bauer ist die aktuell amtierende Landesbildungsministerin. Ihr Ministerium hat das Gesetz für Studiengebühren für ausländische Studierende und Studierende eines Zweitstudiums auf den Weg gebracht. 1500 Euro müssen Studierende aus dem außereuropäischen Ausland pro Semester bezahlen, 650 Euro zahlen alle, die ein Zweitstudium beginnen. Jetzt, ziemlich genau ein Jahr nach dem das Gesetz in Kraft getreten ist, fanden an mehreren Unis im Land Protestaktionen statt. Auch die Asten von Universität und HTWG hatten gemeinsam zu einer Protestdemo aufgerufen.

„Wir wollen einfach ein Zeichen setzen, dass wir mit der aktuellen Situation nicht einverstanden sind. Wir fordern, dass das Gesetz wieder abgeschafft wird, besonders weil die Gelder den Unis kaum zu gute kommen und hauptsächlich dazu dienen, den Landeshaushalt zu stopfen“,

so Daniel Färber, AStA Vorsitzender an der Universität. Neben Vertretern der Asten waren auch die Jusos und die Grüne Hochschulgruppe (GHG) mit Fahnen, Transparenten und Trillerpfeifen dabei.

Mitglieder der Grünen Hochschulgruppe. Von links: Miria Heinrich, Béla Koch, Sina Feil, Anna Steinhardt und Johanna Hess

„Wir sind nicht die Grünen“,

betont Johanna Hess. Sie ist sowohl in der GHG als auch im politischen Referat des AStA tätig und hat die Demo mitorganisiert:

„Wir setzen uns für grüne Themen ein und frei zugängliche und gerechte Bildung ist doch eigentlich ein ur-grünes Thema“.

Tatsächlich bleiben von den 1500 Euro nur 300 Euro direkt bei den Universitäten. Der Restbetrag und die gesamte Summe, die Studierende eines Zweitstudiums zahlen, kommt dem Landeshaushalt zu Gute – denn Theresia Bauer muss sparen. Winfried Kretschmann hat allen seinen Ministern einen Spar-Kurs verordnet. Allein das Landesbildungsministerium muss laut Spiegel-Angaben jährlich 48 Millionen Euro einsparen. Laut Bildungsministerium soll Sparen und Fördern dabei verbunden werden. Damit die hohe Quote an Studienabbrechern bei den ausländischen Studierenden sinkt, soll das Geld, das bei den Universitäten verbleibt, dafür genutzt werden, die Betreuung ausländischer Studierender zu verbessern. Beim AStA ist man allerdings der Ansicht, dass die Gelder, die den Unis bleiben, die Betreuung für ausländische Studierende nicht verbessert hat.

„Die schwarze Null wird auf dem Rücken ausländischer Studierender ausgetragen“,

so Simone Münch in ihrer Rede auf der Markstätte. Daniel Färber sieht das ähnlich, an der Betreuung für ausländische Studierende hätte sich nichts verändert und deshalb gehörten die Gebühren wieder abgeschafft.

„It´s crap“, Zoran Kovacevic hat eine klare Meinung zu den Studiengebühren

Was die Gegner der Studiengebühren besonders ärgert ist die Tatsache, dass die Gruppe, die den Sparkurs der Landesregierung im wahrsten Sinne des Wortes bezahlen muss, so klein ist und kaum eine Lobby hat. Das sei gerade das perfide, meint Johanna Hess. Man habe sich mit den ausländischen Studierenden die verletzlichste Gruppe ausgesucht, um den Haushalt zu stopfen. Den Studierenden, die von den Studiengebühren betroffen seien, fehle es an Zeit, Mitteln und dem Systemverständnis, das nötig sei, um sich Gehör zu verschaffen.

Mara Loos und Katrin Knaak setzten, zusammen mit anderen Studierenden der Fachschaft Polver, ein Zeichen

Ganz so eindeutig wie im AStA scheint die Stimmung bei den Konstanzer Studierenden aber nicht zu sein. Gerade mal knapp 50 Demonstranten marschierten am Donnerstagnachmittag vom Innenhof der HTWG auf die Marktstätte. Gerade weil an der Uni im Vorfeld für die Demo extrem viel geworben wurde und das Wetter eigentlich ideal war, (trocken, aber nicht schön genug zum Grillen), war die Größe der Gruppe doch ernüchternd. Die kleine Zahl hielt die Demonstranten aber nicht davon ab, ordentlich Lärm zu machen. Auf der Marktstätte angekommen, ließen es die Redner dann auch nicht an Herzblut fehlen und machten ihre Meinung nochmals deutlich.

„Wir stehen heute für andere ein. Deshalb sind wir nicht oben an der Uni und beschweren uns, was uns alles nicht passt, sondern hier in der Stadt und tun was“,

so Dimitri Cafaro in seiner spontanen Wortergreifung.

Speaker auf der Marktstätte. Von links: Dimitri Cafaro, Fachschaft Polver, Daniel Färber AStA-Vorsitz Uni, Irina Vakatova Studentin aus Russland, Simone Münch AStA Uni, Samuel Merkt AStA-Vorsitz HTWG

Irina Vakatova, eine Studierende aus Russland, erzählte, wie schwierig es für sie sei, ihren Master zu machen. Sie habe ihr Studium schon mehrmals unterbrechen müssen, um sich genug Geld für ein weiteres Semester verdienen zu können. Am Ende kamen ihr die Tränen:

„It is not easy for us. But even if our countries are poor and our educational systems aren´t as good – we managed to be good enough for these universities. If we are good enough to study here, why aren´t we treated as good as European Students?”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Posts
Uli Burchardt
Lesen

Konstanz als ‘Studierendenstadt’: Die Stadt wäre eine andere, wenn es die Hochschule nicht gäbe

Ein Rückblick eines Artikels aus der Sommersemester-Ausgabe 2017. Oberbürgermeister Ulrich „Uli“ Burchardt und der stellvertretende Vorsitzende des Asta, Marco Radojevic, diskutieren im Gespräch mit der CAMPULS, was Konstanz seinen Studierenden bietet. Wo gibt es Handlungsbedarf, wohin strebt die Stadt?
Lesen

Völlig überzogen – Ein Kommentar zu den Razzien gegen die Letzte Generation

Die Straßenblockaden der Letzten Generation stoßen in der breiten Bevölkerung nicht gerade auf Zustimmung. Gerade konservative Politiker nutzen die aufgeheizte Stimmung massiv für ihre eigenen Zwecke. Dass es vorletzte Woche auch noch Razzien gegen die Protestbewegung gegeben hat und nun der Vorwurf einer kriminellen Vereinigung im Raum steht, ist völlig überzogen, bewertet unsere Chefredakteurin.
Lesen

Jüdisches Leben in Wien

Unsere Redakteurin Paula befindet sich momentan im Auslandssemester in Wien. Die Stadt zieht viele verschiedene Kulturen und Religionen an. Zwischen Erinnerungskultur und Zukunftsgestaltung spielt sich das jüdische Leben ab. Ein Bericht über jüdische Identität, Antisemitismusprävention und den Versuch eines Perspektivenwechsels.