2022: Eine Flut an schlechten Nachrichten

Ein weiteres Jahr liegt hinter uns und somit wird es Zeit, das Jahr besinnlich Revue passieren zu lassen – auch wenn Besinnlichkeit möglicherweise ein Gefühl ist, das uns erneut nur für kurze Zeit von der Realität ablenkt.

2020 resümierte ich über eines der schlimmsten Jahre, 2021 fühlte sich ganz ähnlich an und nun nachdem dieses Jahr vorüber ist, kann ich sagen: Ich komme mir vor wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Unsere Wahrnehmung von Nachrichten hat sich in den letzten Jahren durch die Anzahl an Krisen verändert. Besonders deutlich wurde dies vor zwei Jahren. Schlagartig war es nicht mehr egal für das alltägliche Leben, ob man informiert war oder nicht und das hat sich bis heute nicht geändert.

Schrieb ich in den vergangenen Jahren noch davon, dass „Europa zutiefst zerstritten“ sei, so hat sich dies so spürbar auf die ganze Welt ausgeweitet, dass die schiere Flut an schlechten Nachrichten die Menschen immer weiter heruntergedrückt hat.

Die immer mehr werdende „News fatigue“ hielt auch 2022 an.

Ein kleiner Ausschnitt des diesjährigen Weltgeschehens (aus eurozentristischer Perspektive)

  • 1. Januar: Das Kükentöten wird per Gesetz in Deutschland verboten. Doch wie so oft ist auch dieses Gesetz voller Lücken, sodass sich die Ermordung nur auf einen späteren Zeitpunkt oder das Ausland verlagert.
  • 5. Januar: Dem Weltranglistenersten Tennisspieler Novak Djokovic wurde die Einreise nach Australien zu den Australian Open verweigert und löste damit eine weitere Corona-Debatte aus.
  • 19. Januar: Der Unterwasservulkan „Hunga Tonga-Hunga Haʻapai“ im Pazifik bricht aus.
  • 24. Februar: In Europa rufen wir „Krieg“, obwohl der russische Überfall auf die Ukraine nur der bisherige Höhepunkt in einem bereits lang anhaltenden kriegerischen Akten ist. Doch er löst eine Massenflucht, weltweite Proteste, sowie Sanktionen gegen Russland aus.
  • 1. Juni: Das Neun-Euro-Ticket tritt den Sommer über in Kraft.
  • 18. Juni bis 25. September: Die „documenta fifteen“ erschüttert mit ständig neuen Schlagzeilen ausgelöst durch antisemitische Kunstwerke die Kunstwelt und schädigt so das Ansehen der Kunstmesse sowie der Stadt Kassel.
  • 8. September: Queen Elizabeth II. stirbt. Das löst nicht nur eine Memekrise, sondern auch weitere Debatten um das britische Königshaus und die Frage danach aus, ob man eine Monarchie vor dem Hintergrund der Vergangenheit noch glorifizieren kann.
  • 16. September: Nach Tagen im Krankenhaus stirbt die Iranerin Jina Mahsa Amini nach der brutalen Verhaftung durch die Sittenpolizei. Seitdem wird gegen das Regime protestiert.
  • 23. September – 2. Oktober: Der für dieses Jahr folgenreichste Hurrikan „Ian“ wütet über dem Atlantik.
  • 27. Oktober: Tech-Milliardär Elon Musk übernimmt Twitter. Kurz darauf wird Donald Trumps Account dort wieder freigeschaltet..
  • 29/30. Oktober: Infolge eines Massengedränges an Halloween kommen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul mindestens 156 Menschen ums Leben und mehr als 170 Menschen werden verletzt.
  • 11. November: Aufgrund der anhaltend steigenden Strompreise beschließt der Bundestag die Änderung des Atomgesetzes: Demnach werden die drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland in einem befristeten Streckbetrieb bis längstens 15. April 2023 weiterbetrieben.
  • 13. November: Ein Attentat auf der Einkaufsstraße İstiklal Caddesi in İstanbul erschüttert die Nachrichten weltweit: danach herrscht Stille zu dem Thema, obwohl vieles unklar bleibt, nachdem die PKK dafür verantwortlich gemacht wird und die türkische Regierung die Angriffe auf Kurden im Nordirak intensiviert hat.
  • 15. November: Laut UN-Angaben gibt es nun 8 Milliarden Menschen.
  • 20. November bis 18. Dezember: Die Fußball-WM der Männer findet erstmals im kalendarischen Winter und in Katar statt, womit die seit 2020 laufenden Debatten um Menschenrechte sowie Schmiergelder ihren Höhepunkt erreichen.
  • 17. Dezember: Bei einer Razzia werden Reichsbürger verhaftet, nachdem sie einen Staatsstreich planten. Auch AfD-Mitglieder, ehemalige Soldaten und KSK-Polizisten sind darin verwickelt gewesen.
  • 8. Dezember: Im Iran ist erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten vollstreckt worden.
  • 16. Dezember: Das berühmte Riesen-Aquarium DomAquarée in Berlin explodiert
  • 20. Dezember: Die Taliban verhängen ein Bildungsverbot für Frauen an allen öffentlichen und privaten Universitäten in Afghanistan.

Gegen die weltweite Inflation, die auch bei uns in Deutschland anhält, kann auch der seit Oktober geltende Mindestlohn von zwölf Euro wenig ausrichten, schließlich haben sich auch die Versicherungsbeiträge der Krankenkassen erhöht. Auch das über den Sommer hinweg geltende Neun-Euro-Ticket löst mehr Debatten unter anderem um dauerhaft grüne und für alle finanzierbare öffentliche Verkehrsmittel als zufriedene Gesichter aus. Nicht nur, dass die Deutsche Bahn immer noch eine größere Servicewüste als die Dürrewelle in Europa ist, zudem wird deutlich, wie teuer eine grüne Zukunft von den Obrigkeiten gestaltet wird. Um sich von diesen Fakten abzulenken, schauten die Menschen lieber den Rosenkrieg zwischen Johnny Depp und Amber Heard zu oder bezogen Position nach der Oscar-Ohrfeige von Will Smith gegen Chris Rock. Es sind die kleinen tragischen Nachrichten, wie auch die Trennung von dem Youtuberpaar Bibi und Julian, die uns für einen Moment unsere eigene Misere vergessen lassen.

Es ist kein Wunder, dass die Frage nach guten Nachrichten aufkommt, wenn auch verhaltener als in den vergangenen Jahren. Es ist in diesem Jahr so viel passiert, man vergisst schon fast welche Themen zu Beginn des Jahres unsere Nachrichten erschüttert haben. Kleinere Themen verblassen neben dem Russland-Ukraine-Krieg und den Protesten im Iran. Gleichzeitig wird es so normal mit diesen schrecklichen Ereignissen zu leben, dass auch sie zu etwas Alltäglichem werden, dass wir zur Seite schieben. Niemals dürfen wir diese Unmenschlichkeiten vergessen und wir müssen den Opfern gedenken und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

Trotz aller Krisen: Helfende Hände hat es immer gegeben.

Doch dort wo Schreckliches passiert, gibt es auch immer diejenigen, die helfen. So gibt es zahlreiche Spenden für die Ukraine und Menschen auf der ganzen Welt, die sich aus Solidarität mit der iranischen Frauenbewegung die Haare abscheiden.

Auch die Zahlen der Covid-Erkrankungen sind größtenteils gesunken, eine Überlastung der Krankenhäuser und Notaufnahmen hält jedoch weiterhin an. Ein weiterer Sieg für die Gesundheit, insbesondere die von Frauen, sind die in Schweden erstmals entwickelten Crashtest-Dummies mit weiblichem Körperbau und die Tests zur Erkennung von Endometriose.
Neben dem Abschied von Menschen wie dem Schaupsieler Bob Saget oder der Queen, konnte die Welt einen erfreulichen Geburtstag feiern: Emoticons wurden dieses Jahr vierzig Jahre alt, nachdem sie 1982 von dem Informatikprofessor Scott Fahlman erfunden worden sind. In diesem Sinne, Kopf hoch : -)

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