Das Zebra Kino in Konstanz – Sind die Streifen Programm?

Lukas Burg arbeitet seit acht Jahren im Zebra Kino und ist unter anderem für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Angefangen hat er 2014 mit einem Praktikum im Zebra Kino, dann ist er einfach geblieben. Unsere Redakteurin Cara hat sich mit ihm über die Filmauswahl, die Programmgestaltung und den Namen des „Geheges“ unterhalten.

Im Zebra Kino finden Filmfestivals und im Sommer Open-Air-Vorstellungen statt. Außerdem gibt es ein sich wöchentlich änderndes Kinoprogramm. Seit 1996 ist das Kino in der ursprünglichen Chérisy-Wohnung zu finden, im gleichen Gebäude wie der Kulturladen, dem sogenannten „KuLa“. 

Campuls: Hallo Lukas, danke für deine Zeit. Wieso heißt das Kino „Zebra Kino“?

Lukas Burg:
 Der Name? Das geht auf die 35 Millimeter Filmstreifen zurück, die sind ja auch mal schwarz und weiß. Das weiß man im Zuge der Digitalisierung nicht mehr so. Bis 2014 wurde im Zebra nämlich nur von der Filmrolle gespielt. Diese Streifen auf dem Zebra bewegen sich und unsere Filmstreifen bewegen sich auch – das ist tatsächlich der Hintergrund.

C: In zwei Wochen findet hier ein Filmfestival statt, das „Shivers“. Wie lange ist der Vorlauf für so ein Festival? 

LB: Seit dem Frühjahr ist Planung. Im Idealfall geht die Arbeit los, nachdem die letzte Ausgabe geendet hat. Bei uns sind die Kapazitäten ein bisschen zurückgegangen, weil man nicht mehr so viele Leute hat. Da war Corona, dann sind viele Leute weggegangen, weil das Studium zu Ende war oder andere Geschichten.

Lukas Burg hat anfangs ein Praktikum beim Zebra Kino gemacht. Dann ist er geblieben. Foto: Malin Jachnow

C: Wie viele Leute seid ihr jetzt im Team? 

LB: So 30, ehrenamtlich. Das verteilt sich, da man sich ganz unterschiedlich einbringt.

„Die Mittwochssitzung ist quasi das ausführende Organ des Vereines, wir sind basisdemokratisch organisiert. Das heißt alle Entscheidungen, vor allem alle größeren Entscheidungen müssen basisdemokratisch gefällt werden.“ 

Lukas Burg

C: Was sind die Mittwochssitzungen?

LB: Die Mittwochssitzung ist quasi das ausführende Organ des Vereines, wir sind basisdemokratisch organisiert. Das heißt alle Entscheidungen, vor allem alle größeren Entscheidungen müssen basisdemokratisch gefällt werden. Da darf prinzipiell jeder zum Abstimmen dazukommen. Wenn es aber größere, finanzielle Sachen gibt, muss man Mitglied im Verein sein. Da muss man sich melden, dass man gerne Mitglied werden möchte. Dann entscheidet der Verein, ob die Person aufgenommen wird. Man sagt: „Macht erst mal ein bisschen mit, bevor ihr Mitglied werdet“, damit man davon ausgehen kann, dass die Leute auch bleiben. Sonst hast du eine lange Mitgliederliste, und über die Hälfte muss da sein, damit du beschlussfähig bist.
Aber die Mittwochssitzung ist das Ding, wo der Verein mal mehr mal weniger wöchentlich vom Büro über die Zahlen informiert wird. Und es wird darüber geredet, wie das Programm aussieht. Zum Beispiel, welche Sonderveranstaltungen man reinnimmt. Es kommen auch oft Gäste, die vorstellen, was sie gerne im Zebra machen würden. Dann guckt man: Kriegt man das zeitlich rein? Gibt es da Interesse vom Verein? Gibt es Kapazitäten, dass Leute da mithelfen? Da werden Day-to-Day-Entscheidungen vom Verein abgesegnet, weil das Büro oft das Okay des Vereins braucht. Früher haben wir auf diesen Mittwochssitzungen auch das normale Monatsprogramm gemacht. Mittlerweile machen wir das online.

C: Per Abstimmung, oder?

LB: Genau, es gibt ein Online-Dokument, wo jeder Filmvorschläge zur jeweiligen Sparte eintragen kann. Dann kriegen alle per E-Mail einen Abstimmungslink, mit dem sie dann pro Kategorie für ihre Favoriten abstimmen können. Dann wird geguckt: Was sind unsere Top-Filme? Wie ist das in den Kategorien verteilt? Was kriegen wir? Dann werden die von oben nach unten abgeklappert. So entsteht dann jeden Monat das Programm. 

Wie ein Wohnzimmer: Das Zebra Kino hält einen gewissen WG-Flair aufrecht. Foto: Malin Jachnow

C: Wie funktioniert das dann, dass ihr die Filme „kriegt“?

LB: Im Prinzip ist das meistens Büro-Sache. In der Regel recherchierst du schon mal, bei welchem hoffentlich deutschen Verleih dieser Film ist, wenn du einen Film vorschlägst. Wenn nicht, macht das das Büro. Dann wird dort eine Mail hingeschrieben oder angerufen, um zu klären, zu welchen Konditionen man diesen Film für diesen gewissen Zeitraum mieten kann. Dann kriegen die Verleihe einen gewissen Prozentsatz von unseren Einnahmen oder sogar eine Mindestgarantie. Das heißt, wenn wir mit den Einnahmen nicht über einen gewissen Betrag kommen, dann müssen wir auf jeden Fall diesen Betrag zahlen. Es gibt Regelsätze, die für so kleine, kommunale Kinos verhandelt wurden.

C: Und hat es einen bestimmten Grund, weshalb ihr ein wöchentliches Programm habt? 

LB: Das ist ein bisschen die Philosophie, glaube ich: Man möchte möglichst viele Filme zeigen. Klar, wenn wir aktuelle Filme haben, ist es oft auch so, dass wir sie zwei Wochen zeigen. Das liegt meistens daran, dass, wenn man Filme zum Start spielt, die Verleiher wollen, dass man sie in der Startwoche jeden Tag oder eben auch zwei Wochen lang spielt. Das kommt unter anderem auf die Größe des Verleihs an. Das wöchentliche Programm ist eben der Kompromiss zwischen möglichst viele Filme zeigen und aber auch mehrere Termine anbieten, an denen man sich den Film anschauen kann.

C: Ihr habt ja auch ab und zu mal Deutschland-Premieren. Ist das da ein besonderer Aufwand oder leiht man die auch aus, so wie alle anderen?

LB: Beim „Shivers“ zum Beispiel ist der Anspruch, dass wir Filme auf jeden Fall vor Kino oder vor On Demand-Start zeigen. Dann ist es mit den Verleihrechten etwas schwieriger. Vielleicht haben sie schon einen deutschen Verleih und man kriegt sie. Wenn sie noch keinen deutschen Verleih haben, dann muss man im Weltvertrieb oder mit der Produktionsfirma verhandeln. Das ist deutlich mehr Aufwand als im normalen Programm. Mit deutschen Verleihern ist das alles relativ easy, man bekommt auch Werbematerial und alles Mögliche. Das ist bei Festivals oft komplizierter, weil viele eben gar keinen deutschen Verleih haben und auch keinen bekommen werden. Dann muss man gucken: Wo liegen die Kinorechte? Mal wird da auch in die USA, nach Frankreich oder Argentinien eine E-Mail geschrieben oder angerufen, nachts um drei Uhr. Wir haben auch manchmal im normalen Programm solche Premieren. Das ist aber meistens so, dass regionale Filmschaffende, die einen Film gemacht haben, an uns herantreten und sagen, sie würden gerne bei uns zeigen. Sie haben oft keinen Verleih und da macht man selbst einen Deal. Meistens 50/50, damit man sie auch ein bisschen unterstützt. Das ist auch ein großer Teil von Zebra als kommunales Kino, man gibt auch lokalen oder regionalen Filmschaffenden eine Plattform.

„Das wöchentliche Programm ist eben der Kompromiss zwischen möglichst viele Filme zeigen und aber auch mehrere Termine anbieten, an denen man sich den Film anschauen kann.“

Lukas Burg

C: Ihr zeigt die Filme immer in Originalsprache. Haben diese immer schon Untertitel oder musstet ihr die schon selbst erstellen?

LB: In der Regel sind die Untertitel schon da, wir haben gar nicht die Zeit, die selbst zu erstellen. Es gab mal ein paar Leute, die haben an der Uni einen Untertitelungsworkshop angeboten. Wir haben dann einen Film speziell für diesen Workshop ausgesucht. Meistens waren das australische Produktionen, weil diese oft in Deutschland nicht richtig vertrieben werden. Dann wurde sich darum gekümmert, die Rechte zu bekommen, sodass man die Untertitel auf Deutsch anlegen konnte. So wurden in dem Kurs Untertitel angelegt und diese Filme haben wir dann gezeigt. 

C: Du hast vorhin die unterschiedlichen Filmsparten erwähnt…

LB: Damit man das Programm innerhalb dieser Basisdemokratie ein bisschen abwechslungsreich hält, haben wir verschiedene Informationskategorien. Im normalen Indoorprogramm haben wir „aktueller Film“, das heißt, dass der Film nicht älter als ein Jahr ist. Meistens spielen wir da mittlerweile sogar Bundesstarts oder kurz nach dem Bundesstart. Es könnte im Prinzip alles sein, aber Blockbuster-Dinger würden wir nicht kriegen – wollen wir aber auch gar nicht. Wir gucken ein bisschen abseits des Mainstreams, mittlerweile ein bisschen Arthouse, früher war es noch mehr Underground. Eine relativ alte Kategorie ist der „Weltenbummler“. Da ist es nicht so wichtig wie alt der Film ist. Es geht ein bisschen darum, Filme zu zeigen, die Aufschluss geben über die Identität von Ländern oder Konflikte, die gerade aktuell sind. Deswegen sind die meistens von weiter weg. Aktuell bei Weltenbummler läuft Hive“, der ist aus dem Kosovo.
Dann „deutscher Film“: Diese Kategorie ist noch nicht so alt.
Wir hatten früher die Schiene „junger deutscher Film“, da ging es darum, dass man Erstlings- oder Zweitlingswerke von jungen deutschen Filmemacher:innen eine Bühne geboten hat und die dann auch zu Besuch waren. Das wurde ein bisschen ausgeweitet auf „deutscher Film“, wo wir gucken, dass wir auch immer deutschsprachige Produktionen präsent haben. Hier bemühen wir uns immer um englische Untertitel. Es gibt noch „Dokumentationen“, „Klassiker“, „Kooperationen“, also Sonderveranstaltungen mit Kooperationspartnern. Die Längste ist die Theaterkooperation, inzwischen nennen wir die „Von der Rolle“. Da wird ein Film gezeigt, der thematisch oder inhaltlich zum Theaterprogramm passt und Ensemblemitglieder geben dazu eine Einführung. Dann gibt es die „Zebrastreifen“, unser Kinder- und Familienfilm-Programm, dort wird jeden zweiten Sonntag im Monat um 16 Uhr ein Kinderfilm gezeigt.

Das Zebra Kino freut sich auch immer über die ein oder andere Unterstützung. Foto: Malin Jachnow

C: Wenn ihr dann abstimmt, guckt ihr euch die Filme immer an? Eure Ding ist ja, dass ihr eher inhaltlich entscheidet.

LB: Bei den Festivals ist es tatsächlich so, dass gesichtet wird. Da werden Filme angefragt, dann kommt ein Sichtungs-Link und man schaut sich das an. Im normalen Programm funktioniert das nicht, wir verlassen uns ein bisschen auf den Trailer und auf Sachen, die wir dann im Internet über die Filme lesen. Man guckt auch ein bisschen, wie die Rezeption ist, ob der Film eine Relevanz hat, die uns interessiert. Oder ist nur der Trailer gut, aber der Film grottig? Ein bisschen Vorfühlen, aber hundertprozentig weiß man das nie. Natürlich sind alle hier sehr filmbegeistert, manchmal hat man die Filme schon gesehen, weil man auf einem anderen Filmfestival war. Das ist aber der Ausnahmefall.

C: Ich war hier einmal in einer Sneak Preview, da kommen immer Filme, die noch nicht in Deutschland erschienen sind. Wie funktioniert das? 

LB: Diese Filme haben dann schon einen deutschen Verleih. Da schaust du etwas in die Zukunft. Wir wissen ungefähr, wann die Sneak Preview stattfindet, und fragen uns: Was läuft denn in ein paar Wochen? Was wäre da cool? Was kennt man vielleicht schon über Festivals oder Preise? Die Sneak ist nur einmal im Monat bei uns, da schauen wir, dass ein Film läuft, der qualitativ sehr gut ist. Was bei den Vorschlägen zu beachten ist, ist einfach, dass man nichts drin hat, was Leute besonders triggern könnte. Entweder du machst eine Trigger-Warnung rein, dann spoilerst du aber etwas, obwohl Leute sich überraschen lassen wollen. Und jemanden traumatisieren ist das Letzte, was wir wollen. Dann fragt man wieder die Filme an und für manche gibt es tatsächlich eine Sneak-Freigabe. Die Verleiher sind immer sehr daran interessiert, dass wir die Filme zeigen, denn wir lassen sie in Schulnoten von Eins bis Fünf bewerten. Die Besucher:innen können nach dem Kinobesuch abstimmen und wir berechnen den Durchschnittswert, den finden die Verleiher spannend.

„Wir versuchen die Hürde für gute Filme und Filme im Originalton möglichst gering zu halten.“

Lukas Burg

C: Gibt es für Studis auch Rabatte?

LB: Genau. Wir versuchen die Hürde für gute Filme und Filme im Originalton möglichst gering zu halten. Durch das Kulturticket versuchen wir zum Beispiel, die Filme leichter zugänglich zu machen. Studis kommen bei diesen speziellen Vorstellungen kostenlos rein. Kooperationen fallen raus, aber in den anderen Sparten laufen die Filme mehrmals – das Kulturticket gilt bei jedem einmal. Zu jeweils einer Veranstaltung dieser Wochenfilme kommt man kostenlos rein.

C: Habt ihr irgendwas mit dem KuLa zu tun, was hier direkt daneben ist?

LB: Wir kooperieren immer gerne mit dem KuLa, wir sind viel mit denen in Kontakt. Man macht immer ein bisschen Werbe-Austausch, der Klassiker. Und wir haben mit dem Kula zusammen 2020, glaube ich, den „Kultur-Sommer“ ins Leben gerufen. KuLa und Zebra haben zusammen ein bisschen angeleiert, dass man im Neuwerk noch mehr mit anderen Kulturinstitutionen macht. Und dann gibt es Kooperationen. Jetzt an Halloween hatten wir einen Film organisiert und im KuLa gab es anschließend eine Halloween Party. Man konnte ein Kombi-Ticket kaufen, mit dem man günstiger in Film und Party gekommen ist. Und wir hatten tatsächlich mal ein Konzert hier oben, mit dem KuLa zusammen. Da lief erst ein Film und danach hat die Band, um die es im Film ging, hier noch gespielt.

An welchen Orten das Zebra in Konstanz schon überall zu finden war, seine Gründungsgeschichte und Anfänge hat unsere Redakteurin mit Herbert Lippenberger besprochen, der vor fast vierzig Jahren zusammen mit zwei Freunden das Zebra Kino gründete. Mehr dazu findet ihr in der kommenden Print-Ausgabe der Campuls.

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