Vier Freunde und ein Herzensprojekt
Hinter der RabatzzBande stecken die Kommunikationsdesignstudentin Annika Willner (22), der Philosophiestudent Adrian Schrag (24) und die beiden Psychologiestudentinnen Linn Odermath (20) und Serafina Strömsdörfer (23). Die Grundidee für die „schaumigen Musen“ sei zwischen Linn und Serafina bei einem Telefongespräch während einer Flix-Busfahrt durch Frankreich im letzten Sommer aufgekommen. „Wir wollten eine Plattform schaffen für Kreativität, Austausch, kunstschaffende Menschen und auch so ein bisschen einen Raum generieren, wo man Kontakte knüpfen und sich inspirieren lassen kann.“, erinnert sich Linn. Nachdem wenige Monate später, die beiden „Kreativköpfe“ Annika und Adri – wie Serafina ihre Freunde liebevoll nennt – eingeschaltet wurden, hatte sich das Quartett zusammengefunden. Dabei konnten sich die vier durch die gemeinsame Planung der Veranstaltung auch näher kennenlernen und schätzen ihre vertiefende Freundschaft und Verbindung nun sehr. Im vergangenen Dezember haben sie innerhalb weniger Wochen ein gemeinsames Konzept für die erste „schaumige Muse“ im Januar ausgearbeitet. „Ganz unkompliziert, ganz niedrige Hürden für Leute, die einfach irgendein kreatives Talent haben oder eine Leidenschaft und das an Leute weitergeben wollen“, beschreibt Adri ihre Vision. Die Findung ihres durchaus originellen Kollektivnamens „RabatzzBande“, sei bei einer etwa dreistündigen Brainstorming-Session im Café „Milk & Honey“ zustande gekommen. Hierzu erklären sie lachend, sie seien ja auch eine Bande und hätten in Konstanz einen Raum erschlossen, der bisher gefehlt hatte. Außerdem wollten sie das lokale Programm aufmischen und für ein bisschen Rabatz – im positiven Sinne – sorgen. Ein Cappuccino sei dabei die Inspirationsquelle für die Benennung ihrer Veranstaltungsreihe gewesen. „Schaumige Musen“ beschreibe ihre Art und Weise sehr gut – es sei ebenso blubbernd und schaumend wie sie.
Stattgefunden haben die ersten beiden Musen, in der Kulturetage Konstanz: einem alten Raum mit großen Fenstern, in einem Hinterhof an der Laube, der früher als Bücherlager und heute als Tanzstudio und Eventraum benutzt wird. Dabei habe sich schnell herausgestellt, dass die vier das Interesse an ihren Veranstaltungen ziemlich unterschätzt hatten. Serafina erinnert sich: „Der Raum hat eine sehr kleine Kapazität […] und wir wussten am Anfang ja auch gar nicht, wie das angenommen wird.“ Bereits nach wenigen Minuten haben sich jedoch die Räumlichkeiten der ersten schaumigen Muse bis an seine Kapazitätsgrenzen gefüllt. Auch beim Vorverkauf für die zweite schaumige Muse im „Milk & Honey“, habe sich dies zeigen können – innerhalb einer dreiviertel Stunde hatten sich die Tickets hierfür verkauft. Diese Erfahrungen habe das Kollektiv nun in die Planung für die dritte und bevorstehende vierte „Schaumige Muse“ mitgenommen. „Wir haben schon gemerkt, dass sowohl in der ersten als auch in der zweiten Muse viel mehr Leute Lust hatten zu kommen, als wir Kapazität hatten. Wir dachten, das ist eigentlich eine ganz gute Möglichkeit, das jetzt mal ein bisschen größer auszuprobieren. Tatsächlich auch mit ein bisschen mehr Raum für Kunst“, erklärt Adri. Auch ihr Instagram-Account „@rabatzzbande“, der über Bild- und Videomaterial, die Eindrücke der vergangenen „Schaumigen Musen“ festhält, spiegelt den Erfolg der vier wider. Hier haben sie über die letzten Monate über 400 Follower dazugewinnen können.
Ein Mix aus Herzensatmosphäre, Safe-Space und non-Profit-Projekt
Das Programm der „RabbatzzBande“ während der „Schaumigen Musen“ ist zweigeteilt aufgebaut: sowohl in die Kunst, die auf der Bühne stattfindet, als auch in die Kunstwerke und Installationen, die zusätzlich in den Veranstaltungsräumen ausgestellt sind. Auch das Kollektiv ist stets aktiv bei der Programmgestaltung mit dabei. So hat Annika bereits ihre selbstgemalten Bilder und Linn ihre Fotografien ausgestellt. Adri hat Texte geschrieben und Serafina hat gemeinsam mit Linn durch selbstinszenierte schauspielerische und tänzerische Auftritte auf der Bühne mitgewirkt. Bisher haben sich in den „Schaumigen“ Musen die unterschiedlichsten Kunstwerke und Auftritte zusammen gemischt. Immer mit dabei und breit vertreten sei Musik. Des Weiteren habe es bisher Tanz- sowie Pole-Dance-Vorführungen und kleinere schauspielerische Beiträge gegeben. Darunter auch selbstgeschriebene Texte, in denen die Künstler:innen – ebenso wie in den anderen Auftritten – ihrer Kreativität freien Lauf gelassen und dabei auch ihre tieferliegenden Gedanken und Emotionen verarbeitet haben. Man darf sich von den Bühnenauftritten der „Schaumigen Musen“ überraschen lassen. Denn das Programm ist, wie Adri beschreibt: „…ziemlich breit gefächert – darauf haben wir Lust […]. Generell haben wir gesagt, wir wollen so wenig Grenzen wie möglich setzen. Wir wollen das offen machen und den Leuten die Möglichkeit geben, ihre Kunst und Kreativität so zu leben, wie sie sie verstehen.“ Wichtig sei ihnen jedoch, dass sie keine diskriminierenden, verletzenden, sexistischen und menschenfeindlichen Beiträge zulassen wollen. Denn ein besonderes Merkmal der „Schaumigen Musen“ sei, dass sich hier alle Teilnehmenden auf Augenhöhe begegnen können. Dabei könne eine neue Gemeinschaft entstehen die durch Offenheit, Verbindung, Austausch und Inspiration geprägt sei. Ein weiterer Grundsatz der Rabatzzbande ist auch, dass sie ihre Vernissagen nicht kommerziell sind – sie möchten nichts daran verdienen. Deshalb seien die Veranstaltungen hauptsächlich über Spenden und durch die Unterstützung der Sponsoren, dem Unverpacktladen „Silo“, dem Kunst- und Bastelfachgeschäft „Kornbeck“, der „Leica Galerie Konstanz“, dem Fotofachgeschäft „Lichtblick“ und dem Café „Milk & Honey“, finanziert. Die Restbeträge der Veranstaltungen haben sie bisher für die Organisation der darauffolgenden schaumigen Musen verwendet oder an das Konstanzer Frauenhaus gespendet.
Zwischen Delirium und Realität – ein kleiner Einblick in die letzte schaumige Muse
Im liebevoll dekorierten Garten des Kultur- und Event-Hauses „Café Apollo“, haben die vier einige Tische und Stühle zusammengestellt. Künstlerische Materialien, darunter Wassermal- und Wachsmalfarben, Pinsel, Stifte und genügend Papier, sind – zum Kreativ werden – ausgelegt. Auf dem Boden breiten die einströmenden Besucher:innen nach und nach ihre mitgebrachten Decken und Kissen aus und machen es sich gemütlich. Beim gemeinsamen Picknick mit selbst vorbereiteten, leckeren Speisen, kommt man schnell miteinander ins Gespräch. Den gesamten Nachmittag über, bis zu Bühnenauftritten am Abend, begleiten die beiden Künstler:innen Leo und Ultraviolett, die Veranstaltung mit ihrer am DJ-Pult aufgelegten Musik. Nicht nur wegen des psychedelischen Downtempos, der über die Musikboxen durch den Garten des Apollos hallt, liegt schnell eine ganz besondere Atmosphäre in der Luft. Generell ist die Stimmung unter den Besucher:innen geprägt von Offenheit, gegenseitigem Interesse, Bewusstheit und Wertschätzung. Je mehr Zeit auf der Veranstaltung verstreicht, desto mehr rücken auch das bewusste Erleben und der Austausch untereinander in den Vordergrund, während der Alltag dabei gänzlich in Vergessenheit gerät. Kurz vor Beginn der Live-Auftritte am Abend, ist der Garten des Apollos dann auch bis an seine Kapazitätsgrenzen gefüllt. Um kurz vor 19 Uhr ist es dann so weit: Die Besucher:innen wechseln in den Saal des Apollo und nehmen auf den bereitstehenden Sofas, Sesseln und Stühlen vor der Bühne Platz. Es folgen elf unterschiedliche Auftritte verteilt auf zweieinhalb Stunden, mit einer großen Pause – zum Verarbeiten, Reflektieren und Austauschen – dazwischen. Jeder einzelne Auftritt ist von den individuellen Thematiken, Emotionen und Perspektiven der Kunstschaffenden geprägt. Dabei lassen sich die Besucher:innen auch gerne von den Emotionen der Auftretenden anstecken, hier und da werden sogar ein paar Tränen verdrückt. Auch der ein oder andere kleine „Fehler“ darf sich gerne ins Programm einschleichen: ein falsch getroffener Ton auf dem Klavier oder das Mikrofonstativ, das sich plötzlich nur schwer auf die richtige Höhe einstellen lässt. Für Aufsehen und ein paar Lacher im Publikum sorgt auch das Bühnenlicht, das sich zwischendurch selbstständig macht und den geplanten Ablauf etwas verzögert. Die Besucher:innen stört das wenig – im Gegenteil, über die gesamte Zeit wird auf das Dargebotene mit liebevoller Aufmerksamkeit, Interesse und Wertschätzung reagiert. Denn wie Serafina auch zu Beginn der Bühnenauftritte erinnert, gehe es bei den „Schaumigen Musen“ nicht um Perfektion, sondern vor allem, um Authentizität und darum etwas zu teilen.
Die nächste schaumige Muse findet am 23.06.2024 ab 14 Uhr im „Open Place“ in Kreuzlingen statt. Das Open Place ist ein soziales Begegnungszentrum, das von einer kirchlichen Einrichtung geführt wird. Hier können auch Wohnungslose oder Menschen mit geringen Einkommen Essen erhalten, an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen und ein offenes Atelier nutzen. Die neusten Infos zu bevorstehenden und auch vergangenen Veranstaltungen der „RabatzzBande“, sowie zur Teilnahme an den „Schaumigen Musen“, findest du auf ihrer Instagramseite: „@rabatzzbande“.