Unsere Campuls-Redakteurin Kristina hat es gewagt, auch in „Corona-Zeiten“ ein Semester im Ausland zu verbringen und studiert aktuell an der Sciences Po in Bordeaux, Frankreich. In diesem Artikel geht es darum, wie die Bewerbung abläuft, wie man sich am besten auf einen Erasmus-Aufenthalt vorbereitet und ob es auch in Zeiten einer Pandemie sinnvoll ist, ein Auslandssemester anzutreten.
Bewerbung
Zu Beginn lässt sich sagen, dass man bei einer Bewerbung für ein Auslandssemester zwischen einem Erasmus-Aufenthalt (innerhalb der EU und zusätzlichen Programmländern wie beispielsweise Norwegen, Island oder der Türkei), und einem Aufenthalt außerhalb Europas unterscheidet.
Die Mehrzahl der Studierenden entscheiden sich für ein Auslandssemester innerhalb Europas. Das hat viele Vorteile, da die Bewerbung weniger aufwändig ist und zusätzlich jede_r Studierende (unabhängig von Noten oder sonstigem) ein Erasmus+-Stipendium erhält. Die Höhe des Stipendiums hängt von den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land ab und variiert zwischen 330 und 430 Euro. Außerdem braucht man in den meisten Fällen keinen schwierigen und zudem sehr teuren Sprachtest, wie beispielsweise TOEFL- oder IELTS-Test. Im Gegensatz zu einer Bewerbung außerhalb Europas, wo alles über das International Office der Universität Konstanz läuft, bewirbt man sich für Erasmus+ direkt am jeweiligen Fachbereich der Universität Konstanz.
Am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft füllt man beispielsweise bis Ende Januar ein Online-Formular aus, in dem man seine Wunsch-Universitäten sowie ein kurzes Motivationsschreiben einträgt. Kurz darauf bekommt man dann seine Erasmus-Universität zugeteilt. Daraufhin wird man direkt von seiner Gastuniversität bezüglich der weiteren Schritte rund um die Einschreibung kontaktiert, was allerdings, je nach Fall, mehrere Monate dauern kann. Während eines Erasmus-Aufenthalts ist man sowohl an der Partner-Universität als auch an der Universität Konstanz eingeschrieben. Der größte Teil der Bewerbung ist mit der Einschreibung schon abgeschlossen. Alles Weitere läuft nun über das International Office der Universität Konstanz.
Die wichtigsten beiden auszufüllenden Dokumente vor Antritt des Auslandssemesters sind das „Learning-Agreement 1“ und das „Grant Agreement“. Beim „Learning Agreement 1“ handelt es sich um eine Art Vertrag zwischen Heimatuniversität, Gastuniversität und Studierenden, bei dem festgelegt wird, welche Kurse an der Gastuniversität voraussichtlich belegt werden und wie und wo sie an der Heimatuniversität angerechnet werden können. Da in den meisten Fällen das aktuelle Kursprogramm der Gastuniversität beim Ausfüllen des „Learning Agreement 1“ noch nicht feststeht, ist es völlig normal, dass sich die Kurswahl vor Ort noch einmal ändert. Änderungen werden deshalb wenige Wochen nach Semesterbeginn im Ausland im „Learning Agreement 2“ eingetragen, welches dann die tatsächliche Kurswahl darstellt. Außerdem muss vor der Ausreise noch das „Grant Agreement“ unterschrieben werden, dies ist der Vertrag, in dem geklärt wird, wie viel Geld der oder die Studierende jeweils von der Universität Konstanz durch die Erasmus+-Förderung erhält. Darüber hinaus muss noch ein Online-Sprachtest in Englisch oder der jeweiligen Landessprache abgelegt werden, welcher allerdings eine reine Formalie der EU ist und keinerlei Auswirkungen auf die Platzvergabe hat.
Die offizielle Bewerbung ist abgeschlossen – Was ist nun zu tun?
Für viele Studierende stellt sich nach der offiziellen Bewerbung die Frage nach der Wohnungssuche. Gerade, wenn man einen Platz in einem Studierendenwohnheim möchte, sollte man sich möglichst früh darum kümmern, da die Plätze in manchen Fällen schon nach kurzer Zeit vergeben sind. Es ist allerdings auch nichts Ungewöhnliches, vor der Abreise noch kein Zimmer zu haben und die ersten Tage in einem Hostel unterzukommen. Vor allem in den südlichen Ländern findet man vor Ort normalerweise recht schnell privat etwas. Zudem kann man sich das Zimmer direkt anschauen und erlebt keine bösen Überraschungen. Gerade in „Corona-Zeiten“ lohnt es sich vielleicht auch, eher ungewöhnlichere Wege zu gehen. So wohne ich beispielsweise bei einer Gastfamilie, wodurch ich nicht nur eine Menge Geld spare, sondern nebenbei auch noch viel von der französischen Kultur und Sprache mitbekomme. Es lohnt sich also in den verschiedensten Facebook-Gruppen zu schauen.
Generell kann ich als großen Tipp geben – das gilt nicht nur für die Wohnungssuche, sondern für alle Fragen rund um Erasmus+ – mit ehemaligen Erasmus-Studierenden der Universität Konstanz zu sprechen, die bereits an der jeweiligen Auslandsuniversität waren. Über den Fachbereich oder das International Office bekommt man die Kontaktdaten relativ einfach. Sie haben oftmals die besten Tipps, was Wohnungslage, Kurswahl und alles Weitere angeht. Die Studierendenwohnheime in Bordeaux sind beispielsweise eher außerhalb der Stadt und zudem wirklich sehr heruntergekommen. Deswegen wurde mir auch von ehemaligen Studierenden geraten, auf keinen Fall ins Wohnheim zu gehen, was sich im Nachhinein als sehr richtig erwiesen hat.
Vor Antritt des Auslandsaufenthalts empfehle ich außerdem, schon den verschiedensten Erasmus-Facebook- und Instagram-Gruppen beizutreten. In jeder Stadt gibt es normalerweise auch eine Erasmus-Initiative, die vor allem in den ersten Wochen viele Veranstaltungen organisiert. So lernt man sehr schnell Leute kennen und bekommt außerdem die besten Tipps, was Uni-Alltag, Wohnungssuche und sonstige Freizeitaktivitäten angeht.
Corona und Erasmus – Ist das möglich?
Ich würde sagen ja, auch wenn ein Erasmus-Semester in Pandemie-Zeiten natürlich nicht mit einem Auslandssemester mit vielen Partys und Reisen vergleichbar ist. Trotzdem rate ich jedem, sich über die genaue Situation vor Ort zu informieren, bevor man vorschnell entscheidet. Man sollte in jedem Fall frühzeitig Kontakt mit der Gastuniversität aufnehmen, da es oftmals Länder- und Universitätsabhängig ist, ob man überhaupt einreisen darf.
Allgemein gab es in diesem Jahr zwei Möglichkeiten, das Auslandssemester trotz Corona zu absolvieren: Entweder man reiste in das Gastland und besuchte, abhängig von der jeweiligen Situation vor Ort, Präsenzkurse und/oder Online-Kurse. Als Alternative konnte man auch in Deutschland bleiben und dennoch die Online-Angebot der Gastuniversität nutzen. Dies hatte dann eher weniger mit dem bekannten Erasmus-Semester gemeinsam, war aber für einige Studierende dennoch eine gute Alternative.
Ich bin im September nach Bordeaux gereist und habe es noch zu keiner Sekunde bereut. Natürlich müssen wir uns, vor allem jetzt sehr zurücknehmen, da Frankreich im Moment einen Lockdown und eine Ausgangssperre verhängt hat. Trotzdem habe ich hier eine tolle Zeit! Gerade in den ersten beiden Monaten vor dem Lockdown konnte ich noch viel von Frankreich sehen und die Zeit wirklich gut nutzen. Da unsere Einführungswoche beispielsweise noch in Präsenz stattfand, habe ich viele Leute kennengelernt und kann stark davon profitieren, tatsächlich vor Ort zu sein und die Kurse nicht nur aus Deutschland zu besuchen. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich in einer Gastfamilie wohne. Gerade deswegen würde ich ein Auslandssemester auch in Corona-Zeiten nicht direkt aufgeben, sondern die tatsächliche Situation im Land abwarten und sich gut informieren.
Generell gilt für ein Erasmus-Semester, in Pandemie-Zeiten wie auch sonst: Entspannt bleiben, die Dinge auf sich zukommen lassen und sich nicht verrückt machen, wenn etwas anders läuft als geplant. Irgendwie wird sich immer alles fügen!