OB-Wahl Plakat

Campuls-Kandidatencheck: Oberbürgermeisterwahl Konstanz

Der Wahlkampf um den Chef_innensessel im Konstanzer Rathaus geht langsam in die heiße Phase. Die Unterlagen für die Briefwahl werden in den kommenden Wochen bei allen Konstanzer_innen ins Haus flattern. Damit ihr den Überblick habt, stellt euch Campuls die OB-Kandidaten im Kurzcheck vor. Hier bekommt ihr die knackige Übersicht zu den wichtigsten Themen und den beruflichen Hintergründen der Bewerbenden.

Andreas Matt – Wahlkampf statt Wahlkuscheln

Quelle: matt-waehlen.de

Alter: 53

Webseite: matt-waehlen.de/

Beruf: Diplom-Betriebswirt, seit 2011 selbstständig als Unternehmensberater in Deutschland und der Türkei, davor Tätigkeit im Technikhandel bei Saturn und Media Markt.

Parteipolitisches Profil: Von 2018 bis 2020 war Matt Landesgeschäftsführer des CDU-Wirtschaftsrates Sachsen-Anhalt und betont im Wahlkampf seine Unabhängigkeit, insbesondere, da er nicht auf Spenden angewiesen sei.

Hintergrund: Geboren in Freiburg im Breisgau, von 2001 bis 2005 BWL-Studium an der FH-Konstanz und Tätigkeit für die Fährbetriebe der Stadtwerke Konstanz.

Darum kandidiert er: Laut seiner Webseite hat Andreas Matt “viele neue Ideen”, um Konstanz voran zu bringen. Für ihn ist Konstanz “zu lange verwaltet worden”. Er kritisiert Amtsinhaber Uli Burchardt scharf und gibt sich kämpferisch. Matt betont seine Unabhängigkeit von Spenden und Parteibüchern und will Konstanz “wieder entwickeln.“ Seine besonderen Stärken seien sein unternehmerischer Hintergrund und seine Erfahrung in der Zusammenarbeit mit politischen und wirtschaftlichen Partner_innen.

Das sagt Matt zu den wichtigsten Themen:

Wohnen: Matt will den Verkauf städtischer Grundstücke und Gebäude an auswärtige Investor_innen stoppen. Die Stadt soll schonend verdichtet werden und es soll vor allem Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommen entstehen. Dabei will Matt “innovative Gebäudetechnik und neue Wohnkonzepte berücksichtigen.“ Die Stadtentwicklung soll unter dem Gesichtspunkt „Klimawandel“ Gemeinschaftsgärten, Grünflächen und Dachbegrünungen voranbringen.

Klimawandel: Eingriffe zum Klimaschutz will Andreas Matt “positiv gestalten“. Matt stellt sich einen ÖPNV, betrieben mit grünem und regionalem Wasserstoff, vor. Die Auswirkungen auf die Klimabilanz sollen zur Grundlage aller zukünftigen Entscheidungen gemacht werden, Ziel ist die Klimaneutralität bis 2030. Matt will außerdem ein digitales, papiersparendes Bürgerbüro und Solaranlagen auf allen öffentlichen Gebäuden, die dafür die Möglichkeit bieten. Busverkehr, Wassertaxi und das Radwegenetz sollen ausgebaut werden. Er will eine autofreie Innenstadt mit Zugang für Anwohner- und Lieferverkehr aber ebenso eine Zufahrt zu allen bestehenden Parkhäusern.

Wirtschaft: Matt will Unternehmen und Betriebe vor Ort stärken und sichert ihnen seine “volle Unterstützung zu.“ Um die Wirtschaft weiterzuentwickeln, soll in erster Linie das mobile Internet und das Glasfasernetz ausgebaut werden.

Campuls-Fazit: Andreas Matt betont seine Erfahrungen in der Privatwirtschaft und setzt auf ein Profil aus Innovationsbegeisterung und Handlungsstärke. Sein Programm bleibt aber in vielen Punkten unkonkret und geht bei einigen Themen kaum über das hinaus, was der Gemeinderat in letzter Zeit ohnehin beschlossen hat.

Luigi Pantisano – Arbeiterkind mit lokalpolitischer Erfahrung

Quelle: Südkurier Online

Alter: 41

Webseite: https://luigipantisano.de/

Beruf: Architekt und Stadtplaner. Pantisano war 2009 bis 2012 Quartiersmanager im Konstanzer Quartier „Berchen-Öhmdwiesen“ und hatte einen Lehrauftrag an der HTWG Konstanz inne.

Parteipolitisches Profil: Seit 2016 ist er im Stuttgarter Stadtrat für die Wählervereinigung „Stuttgart ökologisch-sozial“, seit 2017 Mitglied der Partei “DIE LINKE”. Pantisanos Kandidatur in Konstanz wird von „den Linken“, „den Grünen“, „der freien grünen Liste Konstanz“, „dem jungen Forum Konstanz“ und „der Europapartei Volt“ unterstützt.

Hintergrund: Geboren in Waiblingen im Rems-Murr-Kreis, lebte Pantisano von 2009 bis 2014 mit seiner Frau in der Reichenau-Waldsiedlung. Er ist Mitbegründer des Vereins „Miteinander in Konstanz e.V.“ und engagierte sich im Zebra Kino.

Darum kandidiert er: Klimaschutz, Bürger_innenbeteiligung und gelebte Demokratie gehören zu den Grundpfeilern von Pantisanos Programm. Er will Konstanz konsequent auf das Ziel der Kilmaneutralität 2030 ausrichten und die Bürger_innen in die entsprechenden Prozesse intensiv einbinden. Pantisano engagiert sich seit seiner Jugend politisch und hat sein Wahlprogram laut seiner Webseite “mit der Beteiligung und in Gesprächen mit Bürger_innen und Initiativen erarbeitet.“

Das sagt Pantisano zu den wichtigsten Themen:

Wohnen: Pantisano will in Zukunft keine städtischen Grundstücke und Immobilien mehr an Investor_innen verkaufen. Die Mieten der „WOBAK“ und der Seezeit-Wohnheime sollen nicht mehr erhöht werden. Sein Ziel sei es, dass “die Mietpreise langfristig sogar wieder sinken.“ Erster Schritt in diese Richtung soll eine Mietobergrenze sein. Pantisano will zukünftige Bauprojekte außerdem klimaneutral gestalten und mehr Personal einstellen, um das Zweckentfremdungsverbot durchzusetzen.

Klimawandel: Pantisano will das Thema “Klimawandel” sowohl umfassend als auch kleinteilig angehen – Ziel ist die Klimaneutralität 2030. Die Stadtverwaltung soll klimaneutral werden, städtische Einrichtungen und Kantinen sollen eine feste Quote für vegane und vegetarische Gerichte bekommen. Biodiversität ist für Pantisano hier ebenfalls ein zentraler Punkt – die Konstanzer Waldwirtschaft soll ökologisch werden und in der Stadt sollen versiegelte Flächen begrünt werden. Außerdem will Pantisano langfristig mit anderen Seekommunen zusammenarbeiten, um Verbrennungsmotoren auf dem Bodensee zu verbieten.

Wirtschaft: Das wichtigste Schlagwort aus Pantisanos Wirtschaftspolitik ist ebenfalls Digitalisierung und der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Er will außerdem die Ansiedlung von Handwerker_innen im Bereich erneuerbare Energien fördern. Zusätzlich will er ein Zentrum für Start-Ups aufbauen und “Prämien für Kleinbetriebe” vergeben, wenn diese gewisse soziale und ökologische Standards umsetzen.

Campuls-Fazit: Pantisanos Programm merkt man seine lokalpolitische Erfahrung an. Es ist kleinteilig, ausführlich und mit ausgeprägtem ökologisch-sozialem Profil. Panitsano will ein hohes Maß an Bürger_innenbeteiligung, vor allem für Schüler_innen und Studierende. Bei einigen seiner Ideen stellt sich allerdings die Finanzierungsfrage.

Andreas Hennemann – Die ganze Stadt im Blick

Quelle: seemoz.de

Alter: 39 Jahre

Webseite: https://andreashennemann.de/

Beruf: Andreas Hennemann ist Anwalt und arbeitet in seiner Kanzlei in Konstanz. Nach Stationen als Firmenjurist einer Lebensversicherung und einer Krankenkasse eröffnete er schließlich seine eigene Kanzlei in Konstanz.

Parteipolitisches Profil: Hennemann ist Mitglied der SPD, geht aber eher spärlich mit den Verweisen auf seine Parteizugehörigkeit um. In einem Interview betonte er, ein Kandidat über Parteigrenzen hinweg sein zu wollen. Seine Kandidatur wird von der SPD in Konstanz unterstützt.

Hintergrund: Geboren in Lörrach, wuchs Hennemann in Grenzach-Wyhlen auf. Nach Konstanz zog er für das Jura-Studium und absolvierte hier auch sein Referendariat. Außerdem engagiert er sich im örtlichen Tierschutzverein und in einem Chor.

Darum kandidiert er: Quer durch seinen Auftritt betont Hennemann, eine Politik für alle Konstanzer_innen machen zu wollen. So habe er seine Stelle als Firmenjurist gekündigt, weil er den Menschen dort nicht genug habe helfen können. Mit polarisierenden Forderungen hält er sich zurück und setzt auf breite Ansprechbarkeit.

Das sagt Hennemann zu den wichtigsten Themen:

Wohnen: Die Betriebe und Arbeitgeber sind ein wichtiges Standbein bei Hennemanns Ideen zur Lösung des Wohnungsmangels. Diese sollen gefördert und verpflichtet werden, Wohnraum für Mitarbeiter_innen zu schaffen. Für die Innenstadt fordert er ein “grünes Band”, das zusammenhängenden Aufenthaltsraum schafft. Neben dem Einsatz von Ordnungsbehörden möchte er den Konflikt im Herosé-Park auch durch “Künstlerinnen- und Künstlergruppen” lösen.

Klimawandel: Mit Hilfe von Krediten soll es Unternehmen ermöglicht werden, ihre CO2-Bilanz zu verbessern. Die Einsparung soll dabei auch als Rückzahlung dienen können. Dafür möchte er auf die städtischen Beteiligungen an der Sparkasse zurückgreifen. Über einen “Sonnenfond” sollen die Bürger_innen an städtischen Solaranlagen beteiligt werden.

Wirtschaft: Der Fachkräftemangel soll durch die Schulen aktiv angegangen werden. So möchte er bereits hier unternehmerisches Wissen fördern. Außerdem fordert er: “ein Praktikum in einem klassischen Ausbildungsberuf sollte verpflichtend sein.“ Er betont durchgehend die Bedeutung der Infrastruktur.

Campuls-Fazit: Das Programm Hennemanns variiert sehr stark in seiner Detailschärfe. Stellen, an denen er sehr vage bleibt, wechseln sich mit sehr konkreten Plänen ab. Durch sein Auftreten für alle Gruppen setzt er auf breite Wählbarkeit, bleibt aber markante Forderungen schuldig. Inwieweit dieser Plan Erfolg hat, bleibt abzuwarten.

Jury Martin – Die Vision für Konstanz

Quelle: jury-martin.jimdoseite.com

Alter: 57

Webseite: https://jury-martin.jimdosite.com/

Beruf: Schlosser und Raumfahrttechniker, seit 2016 Inhaber eines Ingenieurbüros in Konstanz.

Parteipolitisches Profil: Martin tritt als dezidiert unabhängiger Kandidat auf.

Hintergrund: Geboren und aufgewachsen in Konstanz, zog er nach seiner Schlosserlehre zum Studium nach Aachen. Nach seiner Tätigkeit bei ZF war er Projektingenieur bei verschiedenen Firmen, bevor er sein Ingenieurbüro eröffnete.

Darum kandiert er: Als Projektleiter sei ihm die Koordination von Interessen eines diversen Personenkreises vertraut. Außerdem führt er eine lange Reihe von Missständen an, die auch nach eigener Aussage sehr begrenzt in die Konstanzer Zuständigkeit fallen. Unter dem Motto “irgendwo muss man ja anfangen” möchte er sich dennoch von seiner Empörung leiten lassen.

Das sagt Martin zu den wichtigsten Themen:

Wohnen: Unter Berücksichtigung von Umweltinteressen sollen neue Baugebiete geschaffen werden. Genaueres wird im Programm nicht erwähnt. Die Bebauung des Döbele soll durch Genossenschaften erfolgen. Wohnungen der “WOBAK” sollen nicht mehr verkauft werden dürfen. Des Weiteren spart Martin nicht mit heftiger Kritik an den von ihm beschriebenen gegenwärtigen Zuständen. Die Konflikte im Herosé-Park sollen durch Sozialarbeiter gelöst werden.

Klimawandel: Die Strömung des Rheins soll zur Energiegewinnung genutzt werden, außerdem kritisiert er die Ablehnung des Ziels der Klimaneutralität bis 2030.

Wirtschaft: Ein Teil des Flughafengeländes soll als neues Gewerbegebiet genutzt werden. Außerdem möchte Martin sich für gleiche Löhne für gleiche Arbeit einsetzen, sowohl für Menschen unterschiedlichen Geschlechts, als auch unterschiedlicher Verträge, wo er konkret die Bezahlung der Busfahrer_innen nennt.

Campuls-Fazit: Das Programm des Kandidaten deckt weniger Bereiche ab und ist das wohl persönlichste. Es gerät daher auch sehr impulsiv mit teils heftigen Attacken und konkreter persönlicher Empörung. Für viele der angesprochenen Probleme fehlt aber eine konkrete Umsetzungsmöglichkeit.

Ulrich Burchardt – der Amtsinhaber will weitermachen

Quelle: Südkurier Online

Alter: 49

Webseite: https://www.uliburchardt.de/

Beruf: Studierter Förster, war vor seiner Wahl zum OB 2012 bei „Manufactum“ und als Unternehmensberater tätig.

Parteipolitisches Profil: Burchardt ist Mitglied der CDU und ihr Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Dennoch möchte er als unabhängiger Kandidat wahrgenommen werden.

Hintergrund: Geboren in Konstanz, wo er das Heinrich-Suso-Gymnasium besuchte. Nach dem Zivildienst studierte Burchardt Forstwirtschaft in Weihenstephan-Triesdorf. Im Jahr seines Amtsantrittes in Konstanz veröffentlichte er das Buch “Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser – Das Manufactum-Prinzip”.

Darum kandidiert er: Burchardt gibt an, von seinen Zielen für eine zweite Amtszeit angetrieben zu werden, außerdem empfinde er das Amt persönlich als “schönste Aufgabe, die [er sich] vorstellen kann.“

Das sagt Burchardt zu den wichtigsten Themen:

Wohnen: Das in der zu Ende gehenden Amtszeit beschlossene Handlungsprogramm „Wohnen“ sei der richtige Weg und werde fortgeführt. Besonders verweist Burchardt hier auf den neuen Stadtteil „Hafner“. Um Spekulationen vorzubeugen, sollen Baugenossenschaften und Baugruppen bevorzugt werden, außerdem solle die „WOBAK“ so viel bauen, „wie wir selbst können.“ Er schlägt zusätzlich einen Fond zur Beteiligung der Bürger_innen an großen städtischen Projekten vor.

Klimawandel: Konstanz soll bis 2035 klimaneutral werden. Besonders verweist Burchardt auf die sogenannten „Nachhaltigkeitsziele“ der UN, die auch ökonomische und soziale Ziele beinhalten. Anhand dieser soll bis 2023 ein neuer Stadtentwicklungsplan erarbeitet werden. Dieser soll unter dem Namen „Step 2035“ den Zielen entsprechen. Den Einsatz von Photovoltaik möchte er erleichtern, wenn möglich befürwortet er eine Abfallsteuer.

Wirtschaft: Durch die Fortführung des Handlungsprogramms „Wirtschaft“ soll die Stadt sich weiterhin als Dienstleistungsstandort entwickeln. Die Bedeutung der Wirtschaft als Grundlage für städtisches Handeln wird von Burchardt betont. Sie soll sich im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen entwickeln.

Campuls-Fazit: Als Amtsinhaber mischen sich bei Burchardt naturgemäß Erfolgsmeldungen und Zukunftsversprechen. Vor allem präsentiert er sich als den Kandidaten, der das von ihm begonnene fortführen kann. Burchardt versucht, die großen Ziele zu liefern, ohne die vergangene Amtsperiode schlecht aussehen zu lassen. Das Stichwort „Nachhaltigkeit“ prägt auch seinen Wahlkampf, wird aber sehr breit aufgefasst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Posts
Imperia
Lesen

Der Politikverdrossenheit zum Trotz: Von klassischer Hochschulpolitik bis zum ehrenamtlichen Projekt

Jeder Studierende kennt sie, die Geschichten von den Demonstrationen und Protestmärschen mit Plakaten, auf denen Freiheitsparolen standen und Philosophen wie Karl Marx zitiert wurden. Als die Studierenden der 68er-Bewegung noch auf die Straßen gingen. Auf die Barrikaden, um sich gegen verstaubte Gesellschaftsstrukturen aufzulehnen und für ein fortschrittlicheres Universitätssystem zu kämpfen. Das waren noch Zeiten.
Intensivpfleger sind oft am Limit diese Tage.
Lesen

Am seidenen Tropf

Corona stellt die Kliniken vor große Probleme, aber es ist nicht der Grund für die aktuelle Situation, findet unser Gesprächspartner. Die bestehenden Probleme treten nur dadurch verschärft zu Tage.
Lesen

Abschiebung für Alieu Ceesay: Wie geht es jetzt weiter?

Die Nachricht über die drohende Abschiebung des jungen Alieu Ceesay kam für viele schockierend und aus dem Nichts. Freunde, Personen aus seinem Umfeld und viele mehr bitten die Politik, die Abschiebung des integrierten Künstlers aufzuhalten. Infolgedessen wurde eine Mahnwache organisiert, um das Thema an die Öffentlichkeit zu tragen.