Nicht weit vom Bodensee entfernt beginnen bereits die Voralpen, die man an klaren Tagen auch von Konstanz aus sehen kann. Sehr weit ist es bis zum Hohen Kasten oder dem Säntis nicht und trotzdem hält sich der Ansturm von Tourist*innen auf den Bergwanderwegen gering. Man begegnet am Tag einer Handvoll Menschen, die einen freundlich auf Schweizerdeutsch mit „Grüezi“ begrüßen. Aber um an diese Orte zu kommen, braucht es einen Plan und vor allem: festes Schuhwerk.
Wander- oder noch besser Trekkingschuhe sind auf diesen Wegen unabdingbar! Wenn man diese hat, kann man mit der Planung loslegen. In den Hütten zu schlafen hat zwar etliche Vorteile, aber sie sind auch sehr teuer. Für Studierende eignet sich daher biwakieren, also ohne Zelt unter freiem Himmel schlafen, oder zelten als low-budget Variante. Das Erlebnis, draußen zu schlafen, ist zudem eines, das die Hütten mit all ihrem Komfort kaum aufwiegen können. Nur die Leichtigkeit des Gepäcks spricht für eine oder mehrere Hüttenübernachtungen.
Ansonsten nimmt man ein Zelt, eine Isomatte und einen warmen Schlafsack mit. Ein kleiner Campingkocher, ein Topf und fertige Asia-Nudeln reichen als warme Mahlzeit. Auf Besteck und Teller kann man somit auch verzichten, da die Fertignudeln aus dem Supermarkt bereits mit Besteck kommen und man das heiße Wasser nur noch in die Verpackung füllen muss. Zum Frühstück eignet sich energiereiche Nahrungsmittel wie Schwarzbrot, gegeben falls mit Belag. Doch man muss immer bedenken, dass man alles auf dem Rücken trägt. Zum Mittagessen kann man in eine Hütte einkehren oder Müsliriegel und Obst wie Äpfel mitnehmen. Das Gewicht auf dem Rücken sollte man versuchen zu reduzieren und gegebenenfalls nur in den Hütten essen. Dies stellt aber besonders für Veganer*innen eine Herausforderung dar.
Das wichtigste vorab:
Länge der Wanderung: 28,1 km in drei Tagen (Tag 1: 7,4 km, Tag 2: 7,7 km, Tag 3: 13 km)
Route: Brülisau – Sämtisersee – Fälensee – Saxer Lücke – Zwinglipass – Altmann – Rotsteinpass – Lisengrat – Säntis – Meglisalp – Seealpsee – Wasserauen
Wandergrad: bis zu T3/T4 (moderat-schwer; gemessen an der SAC-Berg- und Alpinwanderskala T1-T6)
Voraussetzungen: Wander-/ Trekkingschuhe, Schwindelfreiheit
Der erste Tag beginnt in Brülisau – gut mit Verkehrsmitteln zu erreichen – an der Kastenbahn, die man als Student*in für 19.60 CHF einmal hochfahren kann. Man könnte sich das Geld allerdings auch sparen und direkt loswandern. Wenn man früh startet, lohnt es sich, den Hohen Kasten zu erklimmen. Startet man später, sollte man direkt zum Sämtisersee laufen. Von dort aus geht es zum Fälensee, wo man entweder in einer Hütte schlafen oder auf einer Wiese umringt von den Bergen übernachten kann. Man darf nicht einfach in unmittelbarer Nähe das Zelt aufschlagen und sollte die Besitzer*innen der umliegenden Ländereien fragen, ob man auf ihren Grundstücken übernachten darf. Oftmals ist es nicht erkenntlich, dass ein Streifen Natur jemanden gehört, darum sollte man im Zweifel immer fragen.
Am nächsten Morgen geht es (hoffentlich) ausgeschlafen weiter. Bei den Hütten kann man sein Wasser, wenn man freundlich fragt, auffüllen. Jedoch muss man in den höher gelegenen Regionen für Wasserflaschen zahlen, da man dort kein eigenes Trinkwasser zu Verfügung hat. Wer also eine eigene Trinkflasche mitnimmt, sollte sich eine zulegen, die zusammenfaltbar ist und so ab dem zweiten Mittag wenig Platz wegnimmt.
Vom Fälensee geht es 30 Minuten steil nach oben zur Saxer Lücke. Von dort läuft man über Wiesen und Bergwanderwege mit einer kurzen Sicht auf die Täler und bis zu den Kreuzbergen weitere 80 Minuten. Der Weg zum Zwinglipass ist recht einfach. Auch wenn es immer wieder bergauf geht, sind die großen Wiesenflächen, auf denen man verschnaufen kann, größtenteils eben. Doch nach dem Zwinglipass kommt der härteste Teil der Wanderung über den Altmann zum Rotsteinpass. Es geht konstant steil bergauf. Mit dem Auf- und Abstieg ist man mit einem größeren Rucksack mindestens zwei Stunden beschäftigt. Besonders der Abstieg vom Altmannsattel ist mit Backpack anstrengend, denn der Weg gleicht einem Klettersteig. Es geht steil bergab und man muss sich an den befestigten Eisen- und Metalldrähten mehr herunter hangeln als wandern.
Vorsicht – dieser Teil ist mit den Schwierigkeitsgraden T3 und mitunter T4 ausgeschildert, was einer hochalpinen Wanderung an der Zugspitze entspricht.
Hat man es dank gutem Schuhwerk und Schwindelfreiheit nach unten geschafft, kann man auf den wenig vorhandenen Grasstreifen in der Alpinlandschaft das Zelt aufschlagen oder in der Rotsteinpasshütte übernachten. Bei klarem Wetter sollte man sich trotz Erschöpfung nicht sofort schlafen legen, denn sobald es dunkel wird, erstrahlt der Nachthimmel in all seiner Schönheit.
Der dritte Tag führt in ungefähr 75 Minuten vom Rotsteinpass über den Lisengrat zum Säntis. Auch hier kommen wiederholt die Drahtseile zum Einsatz, an denen man sich unbedingt festhalten sollte. Der Säntis ist mit seinen 2505 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg während der dreitägigen Wanderung und dazu wegen der gut ausgebauten Seilbahnstrecke zu jeder Jahreszeit von Tourist*innen umgeben. Sobald man jedoch über die Wagenlücke den Abstieg beginnt, verlieren sich die Menschenmassen schnell wieder. Selbst im Sommer liegt noch ein wenig Schnee, wenn man die Agetenplatte nach unten wandert – zum Glück aber nicht auf dem steinigen Weg.
Am letzten Nachmittag oder frühen Abend kann man im Restaurant des Seealpsees einkehren und dort einen Blick auf den in der Ferne liegenden Säntis werfen, den man am Morgen noch erklommen hat, bevor man über einen gewöhnlichen Straßenweg nach Wasserauen ans Ziel gelangt.
Jamie-Lee genießt den wunderschönen Ausblick auf die Alpenlandschaft.
Von dieser Wanderung wird man noch lange etwas haben: Die Anstrengung, wenn man zu viel Gepäck mitnimmt, sitzt einem noch mehrere Tage in den Gliedern und die Füße schmerzen, aber das ist jede Minute mit atemberaubenden Ausblick wert. So wird das Reiseherz noch lange von dieser Erfahrung zehren können.