Hoher Besuch und große Worte, aber wenig Zusagen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski besuchten am 13. Januar die Universität Konstanz für einen Antrittsbesuch. Ausgerechnet an einem Freitag, den 13. präsentierte die Uni ihre Forschung und Exzellenz-Cluster. Was dabei unterging: Auch mit der Studierendenvertretung gab es ein Treffen. Ganze 15 Minuten blieb Zeit, Anliegen der Studierendenschaft an die politischen Entscheidungsträger heranzutragen.

Bereits einen Tag zuvor veröffentlichte die Studierendenvertretung (StuVe) ein Positionspapier, das gemeinsam mit AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss), Studierendenparlament und Fachschaften entwickelt worden und das im Anschluss an das Gespräch mit Ministerpräsident Kretschmann symbolisch überreicht worden war. Mit dem Titel „Weil eine exzellente Universität auch exzellente Bedingungen für Studierende braucht!“ sollte vor allem auf die prekäre Lage der Studierenden während Corona und die anhaltende Energiekrise aufmerksam gemacht werden.

Zwölf Punkte, darunter mentale Gesundheit, die Stellung studentischer Hilfskräfte, bezahlbarer Wohnraum, Energiekrise, digitale Infrastruktur und Lehre standen auf der Liste. Nur die ersten vier Themen wurden beim Treffen mit dem Ministerpräsidenten und der Wissenschaftsministerin angerissen.

Die Reaktion der Politiker:innen fiel darauf vorhersehbar aus. Die Landesregierung müsse leider Energiesparmaßnahmen vornehmen und „wie mit dem Rasenmäher“ durchfahren ohne Rücksicht auf diese oder jene Gruppe nehmen zu können, die sich für besonders wichtig hält und eine Ausnahme haben möchte, sagte Ministerpräsident Kretschmann. Dass fast 40 Prozent der Studierenden (Stand 2021) und damit mehr als ein Drittel armutsgefährdet sind und bisher kaum bis gar nicht von den Entlastungspaketen der Bundesregierung profitieren, lässt der Ministerpräsident außer Acht. Auch, dass die Einmalzahlung von 200 Euro für Studierende und Fachschüler immer noch auf sich warten lässt, da immer noch keine Online-Plattform nach Vorbild der BAföG-Beantragung eingerichtet wurde, kommt nicht zur Sprache.

Die Generation der jungen Erwachsenen hat während der Corona-Pandemie zugunsten der Älteren viel zurückstecken müssen. Etwa ein Fünftel aller jungen Menschen in Deutschland sind seither anfällig für mentale und psychische Krankheiten (siehe https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/jugendstudie-109.html und https://www.oberbergkliniken.de/artikel/psychische-erkrankungen-bei-jungen-erwachsenen). Dass sich Studierende also als Gruppe für besonders wichtig halten würden, ist an dieser Stelle eine recht zweifelhafte Aussage des Ministerpräsidenten.
Zumindest betont Wissenschaftsministerin Olschowski, dass es Zuschüsse für psychische Beratungsstellen der Studierendenwerke gegeben habe. Auch ein neuer Hochschulfinanzierungsvertrag sei diesbezüglich auf dem Weg. Davon sollen nicht nur Universitäten und Studierendenwerke profitieren, sondern auch Studierende. Online-Lehre nach der Pandemie sei für sie nur eine Ergänzung und keine Alternative.

Ministerpräsident Kretschmann im Gespräch mit der Studierendenvertretung der Universität Konstanz. Foto: StuVe

Auch die StuVe prangert an, dass es immer wieder widersprüchliche Aussagen zur finanziellen Unterstützung der Universitäten gebe und viel mehr von Einsparung zu hören sei. Das wiederum betreffe studentische Hilfskräfte, deren Stunden reduziert oder Stellen sogar ganz abgebaut werden. In Konstanz sei die Universität einer der größten Arbeitgeber und so würden vielen auch eine essentielle Einnahmequelle fehlen. Beide Minister:innen gestehen ein, dass sie sich bisher dazu kaum Gedanken gemacht hätten. Vielmehr könne es aber sein, dass die Universität Konstanz an den falschen Stellen einspare. Dabei hätte es hier doch gerade eher um die Bezahlung der studentischen Hilfskräfte gehen können, statt um die Einsparungsmaßnahmen der Uni. Denn noch immer gehört die Universität Konstanz zu den Unis in Baden-Württemberg, die ihre Hilfskräfte am schlechtesten bezahlt.

Auch wenn Ministerpräsident Kretschmann und Wissenschaftsministerin Olschowski sich das Versprechen haben abnehmen lassen, sich das Positionspapier durchzulesen und die StuVe selbst das Gespräch für sich als vollen Erfolg verbucht, bleibt von ernsthaften und realistischen Zusagen an die Studierenden jedoch wenig. Jetzt liegt es an der Studierendenvertretung selbst, sich stärker für die Forderungen der Studierenden mit wenig Konkretem von der Landesregierung einzusetzen.

Hier könnt ihr noch einmal das Positionspapier der Studierendenschaft Konstanz einsehen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Posts
Lesen

Von der Generation Merkel zu einem echten Aufbruch?

Seit fast drei Wochen hat Deutschland eine neue Bundesregierung. Nach ganzen 73 Tagen haben sich die Ampel-Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt und Olaf Scholz wurde zum Kanzler gewählt. Nach 16 Jahren mit einer Frau an der Spitze. Wie fühlt sich das für jemanden an, der unter der Ära Merkel groß geworden ist? Unsere Chefredakteurin Livia gibt einen kleinen Einblick in ihre Gedankenwelt.
Lesen

Mit 1.600 Menschen auf die Straße: Auch Konstanz demonstriert für eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen

Immer schlechter werdende finanzielle Rahmenbedingungen für die Hochschulen in Baden-Württemberg - und das seit 20 Jahren. So lautet der Vorwurf gegen die Landespolitik. Von tropfenden Decken im Uni-Gebäude, bis hin zu befristeten Verträgen für Dozierende, die so nur unsicher in ihre Zukunft schauen können. Die Grundfinanzierung der Hochschulen muss wieder besser werden!
Lesen

Wer zu nah kommt, geht zu weit –  Was tun gegen sexuelle Belästigung und Diskriminierung?

Laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Absatz Vier umfasst sexuelle Belästigung jedes einseitige, unerwünschte, sexuell bestimmte Verhalten, bei dem die Würde der belästigten Person verletzt wird. Aber was genau heißt das? Und was wird hier an der Universität Konstanz dagegen getan? Inés Eckerle ist, neben ihrer Position als Beauftragte für Chancengleichheit, auch Ansprechperson für sexuelle Belästigung, sexualisierte Diskriminierung und Gewalt an der Uni Konstanz, zusammen mit ihrem männlichen Kollegen Werner Palz. Campuls hat sie für ein Interview getroffen.
Lesen

Straßenbahnen für Konstanz?

Wer schon einmal versucht hat, im Paradies einen Parkplatz zu finden, weiß: Autofahren in Konstanz macht keinen Spaß. Überhaupt ist es erklärtes Ziel der Lokalpolitik, den Autoverkehr im Stadtgebiet zu reduzieren. Doch was sind die Alternativen? Ein Kommentar von Paul Stephan.